Tracking von A bis Z. Teil 2: Welche Erkenntnisse Sie aus den gesammelten Daten ziehen können

Kilian Petsch
Juli 2024

In Teil 1 unseres Zweiteilers rund um das Thema Tracking haben Sie erfahren, was Tracking ist, wozu es dient und welche Daten Sie erheben können. In Teil 2 machen wir uns nun an die Bezwingung des Daten-Everest und wir erklären Ihnen, wie Sie diesen Stück für Stück abtragen, kategorisieren und schließlich verstehen und verknüpfen können.

Was Sie aus gesammelten Daten ablesen können

Doch lassen Sie uns konkret werden: Welche handfesten Kennzahlen und Metriken können Sie aus Ihren gesammelten Daten ablesen? Wie weiter oben bereits erwähnt, sind die Grenzen des Trackings und damit auch der daraus auslesbaren Kennzahlen nach oben hin offen. Im Folgenden haben wir für Sie eine Auswahl an beispielhaften und grundlegenden Kennzahlen zusammengestellt. Damit kratzen wir allerdings allenfalls an der Oberfläche der Möglichkeiten, die Ihnen gründliches Tracking ermöglicht.

Conversion Rate & Application Bounce Rate

Mit eine der bekanntesten Kennzahlen ist die sogenannte Konversionsrate / Conversion Rate. Einfach ausgedrückt ist sie nichts anderes als die Anzahl der Bewerbungen geteilt durch die Anzahl der Besucher dieser Stelle auf Ihrer Karriereseite. Oder: Wie viele Menschen müssen Sie auf Ihre Karriereseite locken, bevor Sie eine Bewerbung erhalten. Hierbei gilt je höher die Conversion Rate, desto besser überzeugen Ihre Karriereseite und Bewerbungsprozesse potenzielle Bewerber*innen sich zu bewerben.

Eine niedrige Conversion Rate kann z. B. auf Hürden im Bewerbungsprozess hinweisen. Um diese zu tracken, empfiehlt sich die Bewerbungsabsprungrate / Application Bounce Rate. Diese misst, ob Kandidat*innen nach begonnener Bewerbung einen Rückzieher machen und abspringen. Je nach technischen Möglichkeiten und Bedürfnissen ist hierbei eine überaus feine Messung möglich. Füllen Bewerber*innen nur wenige Felder aus, bevor sie die Seite verlassen? Oder wird ein Großteil der Bewerbung abgeschlossen, um auf der Zielgeraden z. B. auf umständliche und restriktive Upload-Requirements zu stoßen, welche einen späten Abbruch provozieren? Diese Kennzahl kann Ihnen also helfen, den Bewerbungsprozess so barrierefrei wie möglich zu gestalten.

Quality of Hire

Aus der Welt der qualitativen Daten kommt die Bewerbendenqualität / Quality of Hire. Sie verfolgt, wie gut der*die Mitarbeiter*in tatsächlich fachlich und menschlich ins Team und Unternehmen passt. Selbstverständlich ist die Datenerhebung hierfür deutlich aufwendiger als das bloße Sammeln und Vergleichen von Zahlen. Zur Erfassung bieten sich beispielsweise Leistungserhebungen, aber auch Befragungen von Kolleg*innen an. Das Ergebnis dieser Kennzahl ist weniger eindeutig bzw. vergleichbar, liefert jedoch wertvolle Einblicke in die Nachhaltigkeit Ihres Bewerbungsprozesses.

Time to Hire

Eine Tracking-Option, für die Sie – im Gegensatz zu vorher erwähnten Kennzahlen – vermutlich bereits unbewusst Daten gesammelt haben und somit direkt und rückwirkend in die Analyse einsteigen können, ist die Benötigte Einstellungszeit / Time to Hire. Diese Kennzahl beschreibtdie Zeit, welche Sie benötigen, um von der Entscheidung, eine Stelle auszuschreiben bzw. der ersten Ausschreibung zum tatsächlichen Unterzeichnen eines Arbeitsvertrags zu gelangen. Denn natürlich gilt auch im Recruiting: Zeit ist Geld.

Cost per Application & Cost per Hire

Und apropos Geld: Die Kosten pro Bewerbung / Cost per Application und die damit verwandten Kosten pro Einstellung / Cost per Hire tracken vereinfacht gesagt, wieviel Sie ausgeben müssen, um eine*n Bewerber*in bzw. Mitarbeiter*in zu finden.

Dabei sprechen wir über die Gesamtheit aller Kosten: von Preisen für die Jobbörsen-Schaltung und andere Werbung über die aufgewendete Arbeitszeit aller, in den Bewerbungsprozess eingebundenen, Mitarbeiter*innen bis hin zu Interviewkosten und unzähligen weiteren Aspekten. Doch was sagt uns und Ihnen die hieraus resultierende Summe? Generell sollte das Bestreben in der Anwerbung neuer Mitarbeitender sein, so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig zu zahlen, um den*die passende*n Kandidat*in zu finden. Was dies im Detail und konkreten Zahlen bedeutet, ist allerdings von Berufsfeld zu Berufsfeld, mitunter sogar von Stelle zu Stelle unterschiedlich. Denn auch wenn es verlockend erscheint, davon auszugehen, dass niedrigere Kosten immer besser sind, trifft dies in einem Umfeld, in dem es darum geht, Kandidat*innen für mehrere Jahre zu binden, nicht unbedingt zu. Eine Versteifung auf immer weitere Kostensenkungen im Bewerbungsverfahren kann nicht nur dafür sorgen, dass Sie weniger Kandidat*innen finden, sondern auch deren Qualität und Ihren benötigten Zeitaufwand beeinflussen. Das vielzitierte Gut-Schnell-Billig-Dreieck behält auch hier seine Gültigkeit.

Deshalb genügt ein bloßes Sammeln und Darstellen der Daten nicht, vielmehr haben Sie damit den ersten Schritt getan und müssen sich nun daran versuchen, Ihre Daten zu verstehen und zu kontextualisieren. Nur so werden aus Daten handfeste Handlungsempfehlungen.

Wie eingangs erwähnt, haben wir Ihnen nur eine kleine Auswahl an möglichen Kennzahlen vorgestellt, neben denen es viele weitere KPIs gibt. Sie können sich also für Ihr Tracking auf ebenjene Kennzahlen fokussieren, die für Ihr Unternehmen und Ihre Prozesse am nützlichsten und aussagekräftigsten sind.

Von der Kennzahl zur Erkenntnis

Sie waren also fleißig und haben an allen Ecken und Enden Daten gesammelt und sie Kennzahlen und Metriken zugeordnet? Klasse! Nun folgt der nächste – und auch schwierigste – Schritt auf dem Weg zur Weisheit: diese Kennzahlen zu verstehen, zu analysieren und gegebenenfalls aus ihnen Handlungsschritte abzuleiten. Das ist keine leichte Aufgabe, die sich in ein paar Sätzen erklären und verstehen ließe, sondern verlangt neben Analysegeschick und einem tiefen Verständnis der Daten vor allem Erfahrung und Übung. An dieser Stelle wollen wir Ihnen gerne ein paar erste Anlaufpunkte aufzeigen, mit denen Sie beginnen können, Ihre Daten zu verstehen.

  • Kontextualisieren Sie Ihre Daten.
    Es lässt sich kaum überbetonen, wie wichtig dieser Schritt ist. Eine Kennzahl, die nur für sich selbst steht, ist kaum wertvoll.

    Ein kleines Gedankenspiel:
    Stelle A hat eine Conversion Rate (CR) von 100%, Stelle B gerade einmal 50%. Logische Folgerung: Stelle A lief eindeutig besser und Sie sollten sich in Zukunft mehr an ihr orientieren. Was hierbei jedoch aus den Augen verloren wird, ist, dass die CR bei Stelle A ganze 3 Bewerber umfasst, während aus Stelle B 50 tatsächliche Bewerbungen entstanden sind. Und das ist nur ein – etwas krudes – Beispiel für Zahlen, die ohne Kontext nicht nur wenig hilfreich, sondern im schlimmsten Fall sogar irreführend sind.

    Im gleichen Sinne empfehlen wir:
  • Verknüpfen Sie Ihre Kennzahlen und Tracking-Metriken.
    Genauso, wie Sie den Hintergrund der einzelnen Zahlen ergründen, sollten Sie eine Kennzahl auch möglichst nicht isoliert, sondern innerhalb eines Netzwerks aus anderen Metriken betrachten.

    Lassen Sie uns nochmal auf unser Gedankenexperiment von eben blicken: Stelle B mag deutlich mehr Bewerbungen generiert haben, aber vielleicht verrät Ihnen eine weitere Kennzahl, dass aus diesen Bewerbungen nur ein einziges Vorstellungsgespräch hervorgegangen ist. Oder Sie sind in qualitativen Kennzahlen topfit und sehen zudem, dass die Kandidat*innen aus Stelle A nicht nur jeweils sehr gut in Ihre Firmenkultur passen, sondern auch mit der Candidate Journey sehr zufrieden waren. Der Punkt ist: Mit Ihren Kennzahlen erschaffen Sie ein Mosaik. Sollten Sie davon aber nur einen isolierten Teil betrachten, sehen Sie nur einen Teil des Gesamtbildes, welcher im großen Kontext etwas ganz anderes bedeuten kann.

    Und nicht zuletzt:
  • Tun Sie etwas.
    Es mag sich simpel und etwas überflüssig anhören, aber dieser Schritt ist essenziell: Sie können Daten für jedes kleine Detail sammeln und diese durchanalysieren, aber falls auf Grundlage der Zahlen keine Bewegung entsteht, hätten Sie sich die Arbeit sparen können. Das Gute hierbei ist: Nachdem Sie ein robustes Netzwerk an Kennzahlen und Tracking-Metriken aufgebaut haben, können Sie Erfolg und Misserfolg Ihrer Änderungen nachvollziehen und, falls nötig, nachjustieren. Dabei sollten Sie explizit längerfristig denken. Der perfekte Weg, jede Stelle passend für die jeweilige Zielgruppe auszuschreiben, existiert nicht und ändert sich vermutlich im Sekundentakt. Das heißt: Ausprobieren ist nicht nur ausdrücklich erlaubt, sondern auch zwingend notwendig. Kombinieren Sie Aspekte in der Ausschreibung von Stelle A und Stelle B, um eine Stelle mit mehreren, relevanten Bewerber*innen mit guter Conversion Rate zu kreieren. Und auch wenn Sie mal danebengreifen, erfahren Sie es dank Ihrer Kennzahlen zeitnah und wissen so, an welchen Stellschrauben Sie drehen müssen.

Und nun – wie geht es weiter?

Diese Schritte berühren die weitreichenden Möglichkeiten, die Sie in der Analyse Ihrer Daten haben, natürlich lediglich oberflächlich. Wir möchten Ihnen hier allerdings aufzeigen, dass Sie für Ihre ersten Schritte im Tracking und der Datenanalyse keine hochqualifizierten Data Analyst*innen und Scientists brauchen, sondern selbst mit einfachen Mitteln anfangen können. Bei Bedarf können Sie Ihr Daten-Team und Ihre Daten-Kompetenz gemeinsam mit dem Umfang Ihres Trackings vergrößern.

Beim Tracking sollten Sie dabei allerdings immer im Auge behalten, dass Datensammeln natürlich kein Selbstzweck ist und immer auch – mehr oder weniger erheblichen – technischen, personellen und damit natürlich finanziellen Aufwand bedeutet. Ebenso können relevante Daten durch eine Flut an verschiedenen Datenmassen überschattet werden bzw. eventuell nicht die ihnen angemessene Aufmerksamkeit zugeteilt bekommen. Sie sollten sich deshalb immer die Frage stellen, wie Sie eine zusätzliche Tracking-Metrik weiterbringt und bestenfalls auch für Kennzahlen und andere Tracking-Daten im Voraus Kosten-Nutzen-Ziele festlegen und deren Einhaltung regelmäßig überprüfen.

Welche Kennzahlen es außerdem gibt

Wir haben uns hier hauptsächlich mit dem Tracking während und bis zum Ende des Bewerbungsprozesses beschäftigt. Doch nur weil ein*e Mitarbeiter*in eingestellt ist, heißt das selbstverständlich nicht, dass keine wertvollen Recruiting-Daten mehr generiert werden. Beispiele möglicher Kennzahlen nach der Einstellung beinhalten z. B. die Einstellungsqualität. Haben sich die Eindrücke aus dem Bewerbungsprozess bestätigt oder musste mehr oder auch weniger Aufwand für Einarbeitung und Teaminklusion betrieben werden? Und selbstverständlich ist es ebenso lohnend zu tracken, wie viele der neuen Mitarbeiter*innen dem Unternehmen auch längerfristig erhalten bleiben. Oder ob viele bereits während der Probezeit bzw. bald darauf das Unternehmen wieder verlassen.

Und abschließend …

… möchten wir Sie noch einmal ausdrücklich zum Tracken ermuntern. Auch wenn Sie vielleicht nur wenige oder sogar nur eine Kennzahl nachverfolgen können, ist das bereits ein wichtiger Schritt, um die Auswirkungen Ihrer Recruiting-Prozesse zu verstehen und zu optimieren.

Der Traum davon, jede Ausschreibung und Candidate Experience so zu gestalten, dass sich nur fachlich und menschlich perfekte Kandidat*innen bewerben und sich somit jegliches Aussortieren, Assessment und Bewerbungsgespräch erübrigt, bleibt wohl auch mit allen Daten der Welt unerfüllt. Aber eine solide Datengrundlage ermöglicht es Ihnen, gezielter und fokussierter die Menschen anzusprechen, die Sie wirklich für Ihr Unternehmen suchen. Damit gestaltet sich die Bewerber*innensuche nicht nur schneller und günstiger, sondern auch deutlich einfacher und stressfreier.

Ihr Interesse am Thema Tracking ist geweckt, aber Sie wissen nicht, wo Sie anfangen sollen? Braucht Ihr Tracker Unterstützung auf dem Datenfeld? Oder wollen Sie sich einfach weiter zum Thema informieren? Wir helfen gerne, melden Sie sich bei uns.