Die (un)sichtbaren Kosten einer unbesetzten Stelle – Cost of Vacancy

Tim Domke
Dezember 2022

Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig, Arbeitgeber klagen über unzählige unbesetzte Stellen. Denn anders als auf den ersten Blick vermutet, bedeutet eine unbesetzte Stelle keine Ersparnis für Unternehmen. So könnte man zwar glauben, das eingesparte Gehalt würde auf der Plusseite der Geschäftsbücher zu Buche schlagen. Doch ganz im Gegenteil: Je länger eine Stelle unbesetzt ist, desto höher sind die Kosten für das Unternehmen. Wir zeigen Ihnen auf, wie hoch diese Kosten sein können, welche Faktoren dabei eine Rolle spielen und was Sie tun können, um die Kosten zu senken.

Wie wichtig ist die Kennzahl „Cost of Vacancy“?

In vielen Unternehmen wird das Personalmarketing bzw. das Recruiting oftmals nur als Kostenfaktor gesehen, ohne vermeintlichen ROI. So wissen Personaler*innen schon lange um den Stellenwert der Cost of Vacancy (CoV) als relevante Kennzahl, dennoch treffen sie oft auf taube Ohren, wenn es um Budgets für Recruitingaktivitäten geht. Dabei kann die Berechnung der CoV als entscheidende Argumentationsgrundlage dienen, um der Personalbeschaffung die nötige Dringlichkeit zu verleihen. Stellt man nämlich den Kosten einer Vakanz die Kosten einer geeigneten Personalmarketingstrategie gegenüber, gewinnt letztere das Rennen um die geringeren Kosten um Längen. Dies ist gerade in der aktuellen Situation, in der viele Unternehmen verständlicherweise auf Kostensenkung fokussiert sind, umso bedeutender.

In wirtschaftlich schweren Zeiten übersehen viele die möglichen längerfristigen negativen Auswirkungen zu knapper Personalmarketingbudgets in Bezug auf Talente. Hat man keine CoV berechnet und somit keine greifbare Zahl vor Augen, erscheinen die Kosten im Personalmarketing umso höher und damit nicht gerechtfertigt. Dies gilt vor allem für Organisationen, in denen das Personalbudget von einem CFO kontrolliert wird, der den Bereich Human Resources hauptsächlich als kostenverursachende Verwaltungsfunktion sieht.

Eine Formel, viele Faktoren

Doch fangen wir von vorne und mit der brennendsten Frage an: Wie berechnet man die Kosten einer unbesetzten Stelle?

Prinzipiell gibt es verschiedene Methoden, recht weit etabliert hat sich die Formel des US-Wissenschaftlers Dr. John Sullivan.

Sullivan bezieht zunächst das Jahresbruttogehalt geteilt durch die Anzahl der Arbeitstage ein. Im nächsten Schritt wird der Stelle ein Relevanzfaktor von eins bis drei zugeordnet, wobei eins die geringste und drei die höchste Relevanz beschreibt. Zum Schluss wird noch die Time-to-Hire einbezogen, also wie lange es durchschnittlich braucht, eine solche Stelle zu besetzen.

Am besten lässt sich das an einem Beispiel verdeutlichen:
Nehmen wir eine oft gesuchte und schwer zu besetzende Stelle: IT-Systemadministrator (w/m/d) in Rheinland-Pfalz.

Das durchschnittliche Jahresgehalt der Stelle beträgt 47.700,- €, die Anzahl der jährlichen Arbeitstage in Rheinland-Pfalz liegt bei durchschnittlich 252. Der Relevanzfaktor ist natürlich immer auch ein wenig unternehmensabhängig, wir gehen hier von einem mittleren Relevanzfaktor (2) aus. Bei der Time-to-Hire beziehen wir uns im Beispiel auf die aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit, welche zurzeit von durchschnittlich 150 Tagen ausgeht.

Als Formel ergibt sich daraus:

(47.700,- € : 252 Arbeitstage) x 2 x 150 = 56.756,- €

Die Kosten, diese Stelle unbesetzt zu lassen, liegen demnach mit 56.756,- € deutlich über dem Jahresbruttogehalt der Stelle selbst. Nicht nur das: Auch die oftmals als zu kostspielig angesehenen Personalmarketing-Kosten liegen in den meisten Fällen weit unter diesem Betrag (s. u.).

Neben der händischen Berechnung gibt es selbstverständlich auch Tools, die Ihnen die Rechnung vereinfachen.

Wie genau kommt dieser Betrag zustande?

Dem Mittelstandsbarometer von EY zufolge, führt der Fachkräftemangel beim deutschen Mittelstand zu Umsatzeinbußen von fast 50 Milliarden Euro. Diese Kosten kommen natürlich nicht von ungefähr, sondern setzen sich aus mehreren Faktoren zusammen:

Teamkosten

Ihr Team merkt als erstes, wenn eine Person fehlt, denn die Arbeit wartet nicht. Reibungen entstehen, Nerven liegen blank und Energiespeicher leeren sich rapide, ohne wieder aufgefüllt zu werden. Die Folgen sind oft verheerend: Weitere Mitarbeiter*innen verlassen aus Überlastung oder fehlender Wertschätzung das Unternehmen bzw. die Überlastung führt zu häufigem krankheitsbedingten Ausfall. Außerdem nimmt die Überlastung Raum für neue, innovative Ideen oder Projekte. Gesteckte Ziele, unternehmens- oder mitarbeiterseitig, werden nicht erreicht, die Motivation sinkt.

Werden Ziele trotz einer über längere Zeit unbesetzten Management-Stelle im Team dennoch erreicht, sollten Sie eventuell zunächst über Beförderungen nachdenken. Jemand im Team hat bereits die Management-Stelle gefüllt und deren Stelle sollte nun nachbesetzt werden.

In einigen Fällen wird eine Aufgabe von Mitarbeiter*innen übernommen, die*der nicht dafür ausgebildet bzw. trainiert wurde. Performanceeinbußen oder sogar Schäden können daraus resultieren.

Kundenkosten

Wenn Ihr Team nicht die Leistung bringen kann, zu der es bei voller Besetzung eigentlich in der Lage wäre, lässt sich dies vielleicht über eine gewisse Zeit kaschieren, aber über kurz oder lang werden es auch Ihre Kunden zu spüren bekommen. Aufträge brauchen länger, um bearbeitet zu werden, die Qualität lässt nach oder neue Kunden können nicht angenommen werden.

Ihnen entgehen dadurch also nicht nur Einnahmen aus dem Neukundengeschäft, sie gehen auch das Risiko ein, Ihre Bestandskunden zu verlieren.

Natürlich haben nicht alle Mitarbeiter*innen direkt mit Ihrem Kundengeschäft zu tun, dennoch wirkt sich, wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, jede Vakanz auf Mitarbeiter*innen im gesamten Unternehmen aus. Letztendlich haben auch administrative Positionen einen Einfluss darauf, wie gut Ihr Team funktioniert und Ihre Kunden betreut werden können.

Reputationskosten

Unzufriedene Kunden machen ihrem Ärger Luft, allerdings nicht nur bei Ihnen, sondern auch bei Ihrer Konkurrenz oder online auf den unzähligen Bewertungsplattformen. Und ist der Ruf erst ruiniert … Doch es sind nicht nur Ihre Kunden, die sich über Sie beschweren, sondern auch (ehemalige) Mitarbeiter*innen, die Ihr Unternehmen aufgrund von Überarbeitung oder fehlender Wertschätzung verlassen bzw. sich bei Freunden, Familie oder ebenfalls auf den einschlägigen Bewertungsportalen negativ äußern. So wird das wertvolle Potenzial der Mitarbeiter*innen als Werbebotschafter*innen für Sie verschenkt. Ihre Konkurrenz freut’s.

Was Sie der Abwärtsspirale entgegensetzen können

Sie merken schon: Eine einzige unbesetzte Stelle kann sich schnell zu einer Unkostenspirale entwickeln. Ihr Team löscht Feuer, statt sich um Kunden und Innovation zu kümmern, und Ihre Kunden laufen weg.

Setzt man die Kosten einer unbesetzten Stelle den üblichen Rekrutierungskosten gegenüber, wird schnell klar, dass ein gut durchdachter Mediaplan und eine ansprechende Stellenanzeige bei weitem günstiger zu Buche schlagen. Doch auch hier trennt sich die Spreu vom Weizen, was die Planung eines guten Personalmarketings angeht.

 

Zurück zur Formel

Ein Blick auf die Formel, anhand derer sich die Kosten einer unbesetzten Stelle, die Cost of Vacancy, errechnen lässt, zeigt, an welchen Stellen Sie ansetzen können, um sie zu senken. Beziehungsweise an welcher Stelle, Singular:

Die Kosten errechnen sich aus dem Bruttogehalt, geteilt durch die Arbeitstage, mal Relevanzfaktor, mal Time-to-Hire.
Sie können zwar das Bruttogehalt senken, werden aber sehr wahrscheinlich dadurch keine neuen Mitarbeiter*innen zu sich ziehen und auch der Relevanzfaktor wird sich nicht so leicht ändern lassen. Die Arbeitstage sind gesetzlich geregelt und weniger Urlaubstage machen Sie ebenfalls nicht zu einem attraktiveren Arbeitgeber.
Somit bleibt nur ein Punkt, an dem Sie aktiv ansetzen können: die Time-to-Hire.

Mit dem passenden Mediaplan sprechen Sie die richtigen Kandidat*innen an

Der erste und schnellste Schritt, Ihre Vakanz zu besetzen und damit die Time-to-Hire zu verkürzen, ist natürlich, diese Stelle auf den passenden Kanälen auszuschreiben. Dabei kommt es darauf an, dass Sie Ihre dort veröffentlichen, wo Ihre Zielgruppe sie auch findet. Ein zielgruppengenauer, gut durchdachter Mediaplan ist hier essenziell.

Bringen Sie Ihr Employer Branding auf Zack

Der beste Weg, um Ihre Time-to-Hire signifikant zu verkürzen, ist mit einem effektiven, wertschätzenden und authentischen Employer Branding.

Machen Sie auf sich aufmerksam, bringen Sie sich ins Gespräch und ins Gedächtnis! So sprechen Sie nicht nur aktiv Suchende, sondern auch passiv interessierte Kandidat*innen an. Mit der passenden Strategie auf den passenden Kanälen können Sie Ihre Time-to-Hire reduzieren.

Wie Sie sehen, sollten die Kosten einer unbesetzten Stelle wie auch der Benefit eines guten Personalmarketings und Employer Brandings nicht unterschätzt werden. Vieles lässt sich dabei von Ihnen und Ihrer HR-Abteilung übernehmen. Wenn Sie dennoch gerne Unterstützung hätten, freuen wir uns sehr über ein Gespräch.