Reputationsmanagement

Lukas Poths
August 2022

Die Reputation einer Arbeitgebermarke zu managen ist vergleichbar mit dem Führen einer Produktmarke: Früher stand und fiel der Erfolg eines Produkts mitunter mit der dazugehörigen Werbung. Heute ist das natürlich auch noch so, aber die Art und Weise, wie Werbung umgesetzt wird, hat sich stark gewandelt. Aufmerksamkeitsökonomisch gilt: Will man seine Zielgruppe effektiv erreichen, muss man auffallen. Werbung darf also ruhig auch zum Fremdschämen einladen, denn das erregt Aufmerksamkeit.

Fürs Recruiting sollte das aber nicht gelten. Was in den letzten Jahren dagegen eine kontinuierlich steigende Relevanz im Bewusstsein der Verbraucher*innen erfährt, ist die Nachhaltigkeit und Fairness eines Produkts sowie das Auftreten der Herstellerfirma. Verantwortung statt Auffallen um jeden Preis – das ist das Credo, das viele Firmen sich für ihre Inszenierung auf dem Markt auf die Fahnen geschrieben haben. Was bedeutet das aber für das Recruiting? Ein*e Arbeitgeber*in muss sich schließlich im Wettbewerb um Fachkräfte und Talente so positionieren, dass er oder sie die Besten in die eigene Firma holen kann. Und genau das führt uns zum Reputationsmanagement für Employer.

Reputationsmanagement: Mit gutem Ruf zur erfolgreichen Brand

Sie kennen den Grund, aus dem sich vielleicht auch Ihr Unternehmen vermehrt um das eigene Standing auf dem Arbeitsmarkt bemühen muss: Die Nachfrage an Arbeitskräften steigt, während die Zahl der Arbeitnehmer*innen sinkt. Es gilt also nicht, dass Unternehmen nur warten müssen und die richtigen Kandidat*innen werden sich schon bewerben. Das Gegenteil ist der Fall: Nur wer seine Employer Brand nach außen wie innen konsistent und attraktiv kommuniziert, wird auf lange Sicht vielversprechende Mitarbeiter*innen finden und binden.

Die eigene Reputation spielt dabei eine große Rolle. So beschreiben Anabel Ternès und Christopher Runge das in ihrem 2016 erschienen Buch Reputationsmanagement, dass die Bereitschaft, für eine Firma zu arbeiten oder in sie zu investieren, zu 60 % von dem Bild bestimmt wird, das Menschen von dem Unternehmen haben, und nur zu 40 % von den Produkten des Unternehmens an sich. Diese Zahlen basieren auf einer Nielsen-Studie, die schon fast zehn Jahre alt ist und damit auch noch nicht die Entwicklungen berücksichtigt, die in der jüngsten Zeit gesellschaftliche Umwälzungen ausgelöst haben. So hat beispielsweise die #MeToo-Debatte ein Schlaglicht auf die oft desaströse Nichtberücksichtigung von Frauen in vielen Branchen geworfen. Und die seit 2018/19 deutlich angestiegene Awareness für die Klimakrise und ihre Folgen wirft Fragen über das nachhaltige Handeln von Unternehmen auf. Addieren Sie sozialpolitische Unsicherheiten, wie das staatliche Rentensystem in Deutschland und die Verwerfungen infolge des Ukraine-Kriegs und Sie erhalten eine Gemengelage, in der Unternehmen gezwungen sind ihre Geschäftsprozesse umzudenken, um wichtige Beziehungen aufrecht zu erhalten. Ein guter Ruf hilft hierbei, nicht nur in der B2B- oder B2C-Kommunikation, sondern auch auf dem Arbeitsmarkt. Eine neue Arbeitsstelle ist eben in vielerlei Hinsicht mit dem Kauf eines High-Investment-Produkts vergleichbar: Wer sich mit durchschnittlichem Gehalt ein Auto zulegt, wird diesen Kauf nicht ohne sorgfältiges Scannen des Marktes abschließen. Und wer eine neue Stelle sucht, wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit bei dem Unternehmen bewerben, über das Informationen leicht zugänglich, in ihrem Inhalt konsistent und vor allem ansprechend sind. So weit ist das nichts Neues. Aber wie stellt sich Reputationsmanagement bei der Pflege der eigenen Arbeitgebermarke dar?

Ein gutes Produkt macht noch keinen guten Arbeitgeber

Es ist auf jeden Fall förderlich, wenn das Produkt oder die Dienstleistung, die Ihre Firma vertreibt, positiv wahrgenommen werden. Sich bei der Positionierung auf dem Arbeitsmarkt aber nur auf die Produktmarke zu verlassen, ist, wenn überhaupt, nur kurzfristig zielführend. Dabei sollte man eine Arbeitsstelle mindestens so ambitioniert verkaufen, wie ein Produkt – und dabei die Möglichkeiten nutzen, die Werbung bietet. Nicht zuletzt aus diesem Grund scheitern Unternehmen bei der Gewinnung und Bindung qualifizierten Personals. Aber genau dieses Personal ist ein Key Factor für den Erfolg des Unternehmens. Schließlich sind die Angestellten dafür verantwortlich, dass das Unternehmen Leistung erbringen kann. Wer die falschen Mitarbeiter*innen kurzfristig einstellt, weil fähigere Bewerber ausbleiben, büßt Effizienz, Kundenzufriedenheit, Markenwert und damit letztendlich Qualität und Umsatz ein. Was also tun, um das öffentliche Standing zu verbessern?

Konkrete Möglichkeiten, um Ihre Employer Brand zu stärken

Der gute Ruf: Es dauert bekanntlich 20 Jahre, ihn aufzubauen und nur fünf Minuten, ihn zu ruinieren. So überspitzt, wie diese Aussage der Wall Street-Legende Warren Buffett scheinen mag, ist sie gar nicht. Die Kernbotschaft gilt 2022 sogar umso mehr, bedenkt man, wie schnell ein Shitstorm auf Social Media ganze Marken beschädigen kann. Eines der aktuellsten Beispiele dürfte da wohl Fynn Kliemann sein, der seine Online-Persona eben auch als Marke führt – und nach einer Böhmermann-Recherche etliche Geschäftsbeziehungen einbüßte.

Klar, wenn eine Marke auf Authentizität und persönlichem Vertrauen basiert, wirken Lügen und Fälschung extrem schädigend auf diese. Abseits aber von ziemlich offensichtlichen Ratschlägen wie „Verursache keinen größeren Shitstorm!“, ist Reputationsmanagement bei der Markenführung von Unternehmen aus verschiedenen Prozessen zusammengesetzt, die man wie folgt einteilen kann:

  • Definieren Sie Ihre Zielgruppe: Junge Arbeitnehmer*innen der Generationen Y und Z setzen andere Maßstäbe an als erfahrene Profis, wenn es um die Auswahl ihrer Arbeitsstelle geht. Dazu sollte dann auch Ihre Präsenz auf den relevanten Kanälen passen.
  • Kununu und Glassdoor sind besonders hervorzuheben, da Sie hier direkten Einfluss auf Bewertungen zu Ihrem Untermehmen als Arbeitgeber nehmen können. Kritik kann so aufgefangen und anders geframet werden. Wichtig ist, dass Sie dabei dem jeweiligen User individuell antworten, statt einen vorgefertigten Standardtext zu posten. Das zeigt, dass Sie Kritik annehmen können und wollen und Verbesserung anstreben. Natürlich ist nicht jede Kritik gerechtfertigt und konstruktiv. Die Moderation der Beiträge muss also mit einem gewissen Fingerspitzengefühl geführt werden.
  • Auch der Content Ihrer HR auf Instagram, Facebook und TikTok sollte den Plattformen angepasst werden. Hier gilt: Setzen Sie auf möglichst authentische Impressionen vom Arbeitsleben der Angestellten, statt auf hochpolierte Markenbotschaften. Ihre zukünftigen Mitarbeiter*innen wollen einen Eindruck bekommen, was sie konkret erwartet und keine glattgebügelten Werbevideos. Das ist ein großer Unterschied der Arbeitgeber- zur Produktmarke. Setzen Sie diese nicht gleich und behalten Sie im Auge, dass die Reputation beider Marken auf verschiedene Weise zu optimieren ist.
  • Setzen Sie auf ein einheitliches Storytelling. Dazu sollten Sie eine Strategie entwerfen, wie Sie wahrgenommen werden möchten. Auf den genannten Kanälen muss das dann natürlich entsprechend umgesetzt werden. Die Summe dieser Eindrücke bildet idealerweise eine positiv konnotierte Employer Brand.
  • Wenn Sie eine Strategie entworfen haben und diese inhaltlich managen können, lohnt sich auch der Aufbau eines funktionierenden Monitorings von Metrics wie mentions over time oder share of voice oder auch das Einrichten von Tools wie Google Alerts, die Ihnen Änderungen von Suchergebnissen zu gewählten Keywords mitteilen. So identifizieren Sie, wo und vor allem wie über Ihr Unternehmen gesprochen wird, und finden heraus, wie Sie Ihren Auftritt modifizieren können.

Diese Informationsvermittlung, auch Signaling genannt, passiert natürlich noch auf anderen Wegen. Deren Identifikation führt noch weiter in die Strategie des Employer Brandings.

Übrigens: Reputationsmanagement wird allzu oft zur Nebenaufgabe der HR. Dabei sind Recruiter*innen und Personaler*innen meist schon mit der Aufgabe ausgelastet, offene Stellen zu besetzen, und das Ganze ist zu wichtig, um es „mal eben nebenbei“ zu erledigen. Verschiedene Prozesse bei der Arbeitgebermarkenführung, z. B. die Moderation von Bewertungsportalen wie Kununu lassen sich jedoch durchaus auslagern, um in Ihrem Unternehmen den Fokus auf Bewerbermanagement oder Active Sourcing zu legen. Sprechen Sie mit uns, wir beraten Sie gerne.