Arbeitgebersiegel: Ehrliche Auszeichnungen oder gekauftes Lob?

Stephanie Sachs
Juni 2023

Sie heißen „Great Place to Work”, „Top Arbeitgeber”, „Fair Company” oder ähnlich – Siegel, die Arbeitgeber für besondere Leistungen für ihre Arbeitnehmer*innen auszeichnen. Mal mit inhaltlichen Schwerpunkten, z. B. für Berufseinsteiger*innen (Fair Company) oder für Familienfreundlichkeit (audit berufundfamilie), mal mit Bezug zur Branche (TOP JOB Arbeitgeber Bau/Handwerk). Sie zieren viele Stellenanzeigen und haben oft auch eine ganz eigene Seite im Karrierebereich eines Unternehmens. Doch was sagen diese Auszeichnungen wirklich aus? Sind sie ein realistisches, ehrliches Aushängeschild, auf das potenzielle Bewerbende bei der Suche nach einem Wunscharbeitgeber Wert legen? Wir verraten Ihnen, ob es sich lohnt, in Arbeitgebersiegel zu investieren.

Tu Gutes und sprich darüber

Keine Frage: Wer Auszeichnungen für seine guten Leistungen erhält, hat natürlich jedes Recht, stolz darauf zu sein. Und getreu dem Motto „Tu Gutes und sprich darüber“ können Arbeitgeber die nachgewiesene Signalwirkung von Siegeln gut für ihr Personalmarketing nutzen.

Denn für viele Bewerbende sind die Arbeitgeberwerte eines Unternehmens ein wichtiger Faktor für eine Bewerbung. Es geht nicht mehr nur um einen Job, der das persönliche Auskommen sichert, vielmehr geht es darum, eine gemeinsame Vision zu verfolgen und dieselben Werte zu leben. Und wenn eine neutrale Jury entsprechende Zertifikate verleiht, wirken diese natürlich nochmal um einiges authentischer als ein vom Unternehmen selbst veröffentlichtes Statement.

Bewusste & unbewusste Werbewirkung

Nachgewiesene Signalwirkung? Das klingt ja erstmal gut. Studien aus dem Verbrauchersegment haben bewiesen, dass Gütesiegel sich positiv auf das Konsumverhalten auswirken.

Gleichzeitig wurde aber auch festgestellt, dass die Werbewirkung eben auch auf ganz unbewussten Verhaltensmustern fußt. Das führt dazu, dass selbst frei erfundene Qualitätssiegel oder ausgedachte Inhaltsstoffe bei Produkten das Kaufverhalten günstig beeinflussen.

Und Produktmarketing ist nun einmal nicht ganz dasselbe wie Personalmarketing & Employer Branding. Tatsächlich ergab sich für letzteres in Untersuchungen ein doch eher abweichendes Bild: Die meisten Befragten konnten laut Employer Telling Studie recht wenig mit den Siegeln anfangen. 82% der Befragten konnten kein Arbeitgebersiegel nennen und selbst das bekannteste Siegel – das Top-Company- bzw. Open-Company-Siegel von kununu – erreichte nur einen Bekanntheitsgrad von 28%.

Ob die Probanden der Studie jedoch nur deswegen so eindeutig antworten konnten, weil sie durch die Fragestellung bewusst auf die Siegel reagieren konnten, ist fraglich.

Quo vadis Arbeitgebersiegel?

Mehrere Hundert dieser (vermeintlichen) Gütesiegel, die die besondere Qualität eines Unternehmens als Arbeitgeber hervorheben sollen, gibt es in Deutschland. „Vermeintlich“ deshalb, weil gerade in den letzten Jahren sowohl die Spezifität an Auszeichnungsmöglichkeiten („Zertifizierter Fahrradfreundlicher Arbeitgeber“ z. B.) als auch intransparente Bewertungskriterien und die ein oder andere publik gewordene Käuflichkeit eines Siegels für Kritik, wenn nicht sogar Misstrauen gesorgt haben – sowohl in den HR-Abteilungen als auch bei Bewerbenden.

Das heißt aber nicht, dass Sie als Arbeitgeber grundsätzlich auf Bewertungen, Zertifikate und Auszeichnungen verzichten sollen. Das ist oftmals allein schon aus Konkurrenzdruck alles andere als ratsam.

Unsere Empfehlung: Wählen Sie potenzielle Siegel-Anbieter mit Bedacht

Es ist ratsam, sich vor der Berücksichtigung eines Arbeitgebersiegels genau über dessen Vergabekriterien zu informieren. Und sich vorab darüber klar zu werden, welches Ass man im Wettbewerb um begehrte Talente aus dem Ärmel zaubern kann.

Seriöse Siegel basieren in der Regel auf objektiven und transparenten Bewertungsverfahren, bei denen beispielsweise Mitarbeiterzufriedenheit, Arbeitsbedingungen und Weiterbildungsmöglichkeiten abgefragt werden.
Ein monetärer Invest ist immer nötig, Arbeitgebersiegel, die Ihnen aber nach undurchsichtigen Kriterien einfach so zum Kauf angeboten werden, sollten Sie keinesfalls in Erwägung ziehen.

Wählen Sie die Anbieter nicht nur für die Werbewirkung nach außen aus, sondern binden Sie Ihre Teilnahme, Ihre Bewerbung, Ihren Weg zur Auszeichnung etc. in Ihre Unternehmenskommunikation ein. 
Denn: Hochwertige Arbeitgebersiegel bieten nicht nur eine werblich verwertbare Siegelgrafik, sondern liefern zusätzliche Mehrwerte für Ihre Personalkommunikation. Ein solcher Mehrwert kann beispielsweise das Ergebnis einer unabhängigen Mitarbeiterbefragung sein, die Ihnen als Arbeitgeber dabei hilft, die Bedürfnisse und Wünsche Ihrer Beschäftigten zu erkennen.
Gleichzeitig ist eine solche Befragung der Beschäftigten auch eine Form der Wertschätzung. Es ist wichtig, die Ergebnisse angemessen zu kommunizieren und gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen abzuleiten.

Achten Sie – wie bei allem, was Sie im Employer Branding & Personalmarketing unternehmen – darauf, dass auch das Arbeitgebersiegel einer kritischen Prüfung durch Bewerbende standhalten muss. Versprechen, die nicht eingehalten werden, werden als negative Erfahrungen häufiger kommuniziert als positive Erfahrungen.

Last but not least sollten die Kosten und der Nutzen eines Arbeitgebersiegels in einem vernünftigen Verhältnis stehen und zu Ihrer Unternehmensgröße passen.

 

Gerade im derzeitigen Dschungel der Arbeitgebersiegel, kann die Recherche einen nicht ungemeinen Aufwand bedeuten.  Gerne beraten wir Sie hierzu, sprechen Sie uns einfach an!