Internes Recruiting – Rettung in Zeiten des Fachkräftemangels?

Vanessa Lellig
Oktober 2023

Ihre Stellen bleiben lange unbesetzt, obwohl Sie sie schon mehrfach ausgeschrieben haben? Wieso also offene Positionen nicht einmal mit bereits vorhandenen Talenten besetzen statt direkt extern nach passenden Kandidat*innen zu suchen? Denn schon Goethe wusste: Das Gute liegt so nah.
Die Einstellung neuer Mitarbeiter*innen kann sehr zeit- und kostenintensiv – internes Recruiting kann unter Umständen Kosten einsparen und eine sinnvolle erste Maßnahme sein, um Stellen zu besetzen. Mithilfe von Beförderung, Umschulung & Co. können Sie dem Fachkräftemangel also ebenso begegnen wie mit Stellenausschreibungen, Out-of-home-Kampagnen und Headhuntern. 

Welche Vorteile hat internes Recruiting?

  • Zeit und Aufwand sparen: Der offensichtlichste Vorteil – internes Recruiting spart Zeit, Aufwand und personelle Ressourcen. Wird eine Stelle intern besetzt, fällt nur ein Bruchteil der Kosten einer externen Suche an. Daher ergibt es Sinn, internes Recruiting parallel laufen zu lassen und das externe Recruiting erst dann deutlich hochzufahren, wenn sich darüber niemand findet. Sozusagen als Recruiting-Stufenplan.
  • Positiver Effekt auf die Mitarbeiterbindung: Nichts kann demotivierender sein als zu wissen, dass es keine Weiterentwicklungsmöglichkeit im Unternehmen gibt. Mit der internen Suche nach geeigneten Kandidat*innen und dem Kommunizieren einer offenen Stelle motivieren Sie Ihre Mitarbeitenden, sich weiterzuentwickeln, ihre Leistung zu verbessern, etwas zu wagen und auf etwas hinzuarbeiten. Und sorgen nebenbei noch dafür, dass sich Ihre Mitarbeitenden dem Unternehmen enger verbunden fühlen. 
  • Kürzere Einarbeitungszeit: Muss ein*e Mitarbeiter*in Ihr Unternehmen und dessen Struktur nicht erst kennen lernen, weil der*diejenige bereits seit mehreren Jahren für Sie tätig war, verkürzt sich die Einarbeitungszeit eventuell. Ebenfalls ein Nebeneffekt des Ganzen: Da Sie den*die Mitarbeiter*in schon kennen, wissen Sie, wie die Person tickt, welche Schwächen und Stärken er*sie hat. Bei externen Besetzungen finden Sie dies erst nach einer gewissen Zeit heraus – und merken dann erst, ob es eine nachhaltige Einstellung war oder nicht. 

Welche Möglichkeiten des internen Recruitings gibt es?

  • Beförderung: Fehlt Ihnen beispielsweise eine Führungskraft, ist es das Naheliegendste, sich im Team umzuschauen und auszumachen, wer das Potenzial – und den Willen – dazu hat, diese Position auszufüllen. Wichtig bei Beförderungen: Werfen Sie die Mitarbeitenden nicht ins kalte Wasser bzw. auf die Position und erwarten, dass es von Anfang an wie am Schnürchen läuft. Das würden Sie bei externen Einstellungen wahrscheinlich ja auch nicht? Planen Sie Zeit für die Einarbeitung und die Umstrukturierung im Team ein. Fehlen der*dem Mitarbeiter*in Skills, ermöglichen Sie Weiterbildungen und Raum für Entwicklung.
  • Versetzungen: Haben Sie in einem Team offene Positionen, im anderen Team jedoch ausreichend Arbeitskräfte, können Sie Mitarbeitende versetzen – zum Beispiel von der einen Schicht in die andere.
  • Entfristungen und Aufstocken von Arbeitsstunden: Sie haben Mitarbeitende mit befristeten Arbeitsverträgen, die einen guten Job machen? Honorieren Sie dies und wandeln Sie das Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes um. Oder eine Teilzeitkraft ist bereit, Stunden aufzustocken und in einen Vollzeitvertrag zu wechseln? Prima!
  • Mitarbeitende werben Mitarbeitende: Viele Unternehmen haben Mitarbeiterempfehlungs-Programme, die mit Prämien werben, mal nur für die werbende Person, mal für die werbende und die geworbene. Mal bei Anstellung, mal bei Bewerbung, mal nach Ablauf der Probezeit. Mal in Form von Geld, mal in Form von zusätzlichen Urlaubstagen, Gutscheinen oder Weiterbildungen. Ihnen sind hier kaum Grenzen gesetzt. In solchen Mitarbeiterempfehlungsprogrammen steckt viel Potenzial, wie die aktuelle Benchmark-Studie von Radancy ergeben hat.

Welche Nachteile hat internes Recruiting?

  • Herausforderungen innerhalb des Teams: Wird eine (Führungs-)Position mit einer*einem Kolleg*in besetzt, kann es durchaus zu Reibereien innerhalb des Teams kommen. War der Mitarbeitende vor kurzem noch auf Augenhöhe, ist sie*er plötzlich weisungsbefugt und vorgesetzt. Oder zwei Kolleg*innen haben sich auf die gleiche Stelle beworben, aber nur eine*r kann das Rennen machen. Eine offene Kommunikation, Teammeetings und ein wertschätzender Umgang können Spannungen entgegenwirken.
  • Eine Verschiebung des Problems: Besetzen Sie eine Stelle intern, kann es sein, dass Sie das Problem nur verschieben und eine neue Vakanz entsteht. Wägen Sie also ab, ob es das „wert“ ist und ob Sie die neu entstandene Vakanz eventuell unkomplizierter besetzen können als die ursprünglich zu besetzende Stelle.
  • Wenn auch kostengünstiger, bleibt es ein Invest: Klar, die externe Suche nach geeigneten Kandidat*innen für eine offene Stelle ist sicherlich teurer als „nur“ eine Gehaltserhöhung. Davon auszugehen, dass internes Recruiting komplett kostenfrei ist, ist allerdings ein Trugschluss. Von der monetären Seite einmal abgesehen, sollten Sie sich außerdem im Klaren sein, dass es auch ein zeitliches Invest sein kann, eine Stelle intern zu besetzen. Eventuell sind Weiterbildungen erforderlich, in jedem Fall wird es – wie das immer so ist bei Umstrukturierungen – zunächst einmal etwas holpern.
  • Fehlende Impulse von außen: Ein großer Vorteil an Menschen, die neu in Ihr Unternehmen kommen, sind die Impulse, die sie Ihrem Unternehmen geben. Ein „Bisher habe ich das anders gemacht“ fällt jedoch weg, wenn Sie eine Stelle mit einer*einem internen Kandidat*in besetzen. Im schlimmsten Falle führt dies zu Betriebsblindheit und Stagnation, denn immerhin „kaufen“ Sie sich mit externen Bewerber*innen auch Wissen und Skills ein, die Ihrem Unternehmen bisher vielleicht gefehlt haben.

Auch wenn die Nachteile auf den ersten Blick zumindest quantitativ überwiegen: Internes Recruiting ist durchaus sinnvoll und hat seine Berechtigung. Es ist jedoch – wie so vieles – nicht der Weisheit letzter Schluss und sollte kein Ersatz für Ihr externes Recruiting sein. Es kann aber immer sinnvoll sein, parallel im eigenen Unternehmen zu schauen, ob sich geeignete Kandidat*innen für eine Stelle finden, und somit die Mitarbeiterbindung zu intensivieren und zu zeigen: Bei uns können sich die Mitarbeitenden weiterentwickeln und haben eine Zukunftsperspektive.

Alles gut und schön, aber Sie benötigen weitergehende Unterstützung beim Besetzen Ihrer Stellen? Wir sind für Sie da – ob beim Schalten Ihrer Stellenanzeigen, beim Ausarbeiten und Schärfen Ihrer Arbeitgebermarke oder beim Entwurf zielgruppengerechter Anzeigentexte. Sprechen Sie gerne mit uns.  

Schlüsselworte Employer Branding, Recruiting