Boomer, Slacker, Millenials, Zoomer – Generationengerechtes Recruiting

Vanessa Lellig
August 2022

Schon Sokrates hat auf die „Jugend von heute“ geschimpft: Sie liebe den Luxus, habe schlechte Manieren, verachte die Autorität. Und die Jugend hat wahrscheinlich ihrerseits auf ihn und seine Altersgenossen geschimpft …
Missverständnisse, Konflikte, aber auch Kompromisse zwischen den Generationen sind so alt wie die Menschheit selbst. Auch in der Arbeitswelt kann es zu Konflikten kommen, denn wo unterschiedliche Generationen aufeinandertreffen, treffen auch unterschiedliche Lebenswirklichkeiten, Ansichten und Bedürfnisse aufeinander. Diese wahrzunehmen und zu spiegeln, ist essenziell für ein gelungenes generationengerechtes Recruiting.

Sie fragen sich, warum? Der demografische Wandel trägt einen massiven Teil zum Fachkräftemangel bei und angesichts niedriger Geburtenraten kommen immer weniger Fachkräfte nach – das Buhlen um die passenden Bewerber*innen wird in Zukunft also nicht leichter werden.

Kennen Sie Ihre Zielgruppe!

Der rote Faden, der sich durch das komplette Thema Recruiting zieht: Kennen Sie Ihre Zielgruppe. Das gilt auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Generationen. Eine 18-jährige Abiturientin wird sich auf anderen Kanälen umtun als ein 35-jähriger Wiedereinsteiger nach der Babypause oder eine 55-jährige Handwerkerin. Eine*n Vertreter*in der „Gen Z“ werden Sie mit der Aufforderung nach einer postalischen Bewerbung wohl eher irritieren. Und jemanden aus der „Gen X“ werden Sie hingegen sehr wahrscheinlich nicht auf TikTok antreffen … Unterschiedliche Generationen – unterschiedliche Bedürfnisse. Natürlich bestätigt auch hier die Ausnahme die Regel: Nur weil ein*e Bewerber*in in eine bestimmte Generation geboren worden ist, heißt das nicht zwangsläufig, dass diese*r in diese Schublade passt. Schließlich kann eine solche Zuordnung stets nur verallgemeinernd sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Ihre Bewerber*innen am richtigen Ort auf die richtige Weise abholen, ist jedoch nicht gering, wenn Sie sich anschauen, was man in den einzelnen Generationsschubladen entdecken kann – und beachtet werden will.

Doch kommen wir erst einmal zu den Generationen und dem, was sie ausmacht:

Baby Boomer: bald in Rente, aber tonangebend

Die Generation der Baby Boomer (Jahrgänge 1946 bis 1964) ist die geburtenstärkste. Ihr Arbeitsethos ist das eines Workaholics und Ihr Leistungswille hoch. Und dieses Arbeitsethos hat den Arbeitsmarkt hierzulande bis heute geprägt. Die Vertreter*innen dieser Generation haben noch unbefristete Arbeitsverträge, Betriebsrenten und großzügige Budgets im Beruf kennen gelernt (Julia Friedrichs: Working Class, 2021) und obwohl durchaus auch Frauen dieser Generation Karriere gemacht haben, ist das klassische „Alleinverdiener“-Modell noch stark vertreten. Durch Ihre Führungspositionen geben die Boomer (noch) den Ton an, jedoch verabschieden sich bereits die ersten in den Ruhestand.  

Baby Boomer werden Sie höchstwahrscheinlich eher mit klassischen Formaten, wie z. B. Printanzeigen, Radio- und Außenwerbung, auf sich aufmerksam machen. Zwar haben die Boomer durchaus das Internet für sich entdeckt und haben vielleicht auch ein Social-Media-Profil, auf professioneller Ebene sind sie jedoch eher die Ausnahme auf den diversen Kanälen. Auf Xing machen Sie z. B. weniger als ein Viertel der Nutzer*innen aus.

Generation X – wirklich nur Müßiggang und Pessimismus?

Aus „Slackern“ (= Müßiggänger*innen) soll die Generation der zwischen 1965 und 1980 Geborenen bestehen – doch ist das wirklich so? Die sogenannten „Twentysomethings“ gelten als wesentlich pessimistischer als ihre Vorgänger-Generation, die ja im Gegensatz zu Ihnen noch das Wirtschaftswunder miterlebt hat. Angesichts steigender Arbeitslosenquoten, Wirtschaftskrisen und der Einführung der Niedriglohnjobs wurde die Work-Life-Balance zunehmend wichtiger für die Vertreter*innen dieser Generation.
Die Möglichkeiten, Bewerber*innen dieser Generation anzusprechen, sind wohl die vielfältigsten, da die Generation X zwar als erste sowohl privat als auch beruflich mit neuen Technologien in Kontakt kam, diese jedoch bei weitem noch keine solch bedeutende Rolle wie für die nachfolgenden Generationen spielen – und klassische Medien daher noch häufig genutzt werden. Jobportale sind hier ebenso geeignet wie Printanzeigen oder Google Ads. Nur in Sachen Social Media empfehlen wir etwas Zurückhaltung, da die Gen X hier noch nicht so stark vertreten ist wie Generation Y und Z.

Generation Y – Digital Natives mit Freiheitsbedürfnis

Geprägt wurde die Generation Y („Why?“) von 9/11, einer hohen Jugendarbeitslosigkeit und einem allgemeinen Gefühl der Unsicherheit. Diese Generation (Jahrgänge 1981 bis 1996) ist an befristete Arbeitsverträge, Phasen der Arbeitslosigkeit und Endlosschleifen einer Praktikantentätigkeit nach der anderen gewöhnt – und legt daher noch mehr als die Generation X Wert auf Freiräume, Selbstverwirklichung und eine ausgeglichene Balance zwischen Arbeit und Freizeit. Zudem durften die Kinder aus dieser Generation in den Familien mehr mitsprechen, wurden in ihrer Meinung ernster genommen als vorhergehende Generationen und sind es deswegen gewöhnt, mitreden zu dürfen.
Die „Millenials“ sind als erste mit neuen Technologien aufgewachsen und gelten als erste „Digital Natives“, da sie seit Kindesbeinen an online sind.

Die Ansprüche dieser Generation an ihre Arbeitgeber*innen sind anspruchsvoll, da sie erkannt hat, wie hoch die Nachfrage an qualifizierten Nachwuchstalenten ist.
Mit einem unbefristeten Vertrag werden Sie einen Millenial weniger locken können als mit flexiblen Arbeitszeiten. Dies – und die Technikaffinität – ist vielleicht auch der Grund, weshalb es in dieser Generation vermehrt „digitale Nomaden“ gibt.
Setzen Sie bei der Generation Y also auf ein gutes Employer Branding, das auf die Bedürfnisse dieser Bewerber*innen eingeht: Teilhabe, ein positives Arbeitsumfeld, flache Hierarchien, Weiterbildungsmöglichkeiten und flexible Arbeitsmodelle. Und vielleicht noch wichtiger: Seien Sie authentisch und versprechen Sie nichts, was sie nicht halten können.

Generation Z – Influencer*innen mit hohem Anspruch

Die Generation, die „immer online“ ist, umfasst die Jahrgänge 1997 bis 2009. Noch viel stärker als die Generation Y sind die „Zoomer“ in und mit der digitalen Welt aufgewachsen, bewegen sich technisch versiert und selbstverständlich in modernen Medien und finden dort die Informationen, die sie interessieren – nicht in Zeitungen, Büchern oder im Radio. Daher unterstellen die vorangegangenen Generationen diesen „jungen Leuten“ gerne mal, die gesamte Zeit mit der Nase am Smartphone zu kleben („Smombie“). Es scheint also so, als wollten diese „jungen Leute“ nicht viel mit dem „real life“ zu tun haben; diejenigen, die während der Pandemie 2020/2021 ihre Ausbildung begonnen haben, nennt man gar „Generation Lockdown“.
Doch Achtung: Die Gen Z mag sich zwar nicht selbst eine Zeitung oder ein Anzeigenblättchen schnappen, um nach Lehrstellen zu suchen – ihre „Influencer*innen“ hingegen sehr wohl und diese sind nicht, wie oft geglaubt, irgendwelche YouTube-Stars, sondern die Eltern und Großeltern oder Lehrer*innen. Auch Plakate oder Unternehmensbroschüren sind nichts Altbackenes, das niemand mehr wahr- oder in die Hand nimmt, im Gegenteil. Dazu gehört dann natürlich auch ein gelungenes Employer Branding und allgemein ein Bewusstsein dafür, welchen Einfluss die Außenwahrnehmung auf den Bewerbungseingang hat.

Generationen, der Versuch einer Zuordnung

Wie bereits erwähnt, ist die Zuschreibung zu einer Generation ein bloßer Versuch, ähnliche Bedürfnisse, Erfahrungen und Prägungen in einer Schublade zusammen zu fassen. Was einen Menschen wirklich ausmacht, ist natürlich wesentlich mehr: Geografische Herkunft, familiärer Hintergrund, individueller Lebenslauf usw.. Hier werden Sie niemals eine hundertprozentig sichere Zuordnung machen können, sondern immer nur vage Vermutungen bzw. Erfahrungswerte als Ausgangspunkt annehmen können.
Insgesamt könnte man daher „generationengerechtes Recruiting“ vielleicht auch in einem „Was ist ‚in‘?“ zusammenfassen: Sehen Sie sich um, welche Medien die Boomer, Slacker, Millenials und Zoomer um Sie herum konsumieren. Fragen Sie nach, wo sich Ihre Mitarbeiter*innen nach Jobs umgesehen haben und finden Sie Gemeinsamkeiten heraus, die Sie dann für sich und Ihr Recruiting nutzen können.

Ist das aber nicht Diskriminierung?

Die Grenze zwischen generationengerechtem Recruiting und Alters- bzw. Jugenddiskriminierung mag auf den ersten Blick fließend scheinen und natürlich sollten Ihre Stellenanzeigen keine konkreten Altersangaben beinhalten („Wir suchen Elektriker*in zwischen 30 und 35“), jedoch ist selbst im AGG nicht festgehalten, dass Sie nur neutrale Kanäle bespielen dürfen, mit denen Sie potenziell alle Generationen ansprechen würden (davon abgesehen, dass es diese per se nicht gibt bzw. es schwer ist, diese auszumachen).
Wenn es um spezielle Zielgruppen, wie z. B. Azubis geht, ist es also sinnvoll, die richtigen Kanäle auszuwählen und die Bewerber*innen der unterschiedlichen Generationen – und damit auch Erfahrungsstufen – genau da zu suchen, wo sie sich umtreiben und auf Sie als Arbeitgeber*in aufmerksam werden.

Und nun? 

Sie möchten Ihre Recruitingmaßnahmen passgenau auf die Zielgruppe zuschneiden, wissen aber nicht so recht, wie Sie die Bewerber*innen generationengerecht ansprechen sollen? Wir helfen Ihnen gerne weiter und wissen, mit welchen Maßnahmen Sie Boomer, Slacker, Millenials und Zoomer erreichen.