Candidate Journey & Candidate Experience

Lukas Poths
November 2022

Von der Kontaktanbahnung bis zur Kandidatenauswahl passiert deutlich mehr als nur das Versenden einer förmlichen Bewerbung: Online informiert man sich z. B. über den zukünftigen Arbeitgeber und liest Arbeitgeberbewertungen. Zwei Keywords von großem Interesse für Recruiter*innen sind hierbei die „Candidate Journey“ und die „Candidate Experience“.

Wo genau liegt der Unterschied?

Grundsätzlich gilt: Sie verbessern Ihre Candidate Experience durch eine optimierte Candidate Journey. Worin sich die beiden Begriffe unterscheiden? Die Candidate Journey ist der Prozess, den Bewerber*innen von der unverbindlichen Kontaktanbahnung bis zum Vorstellungsgespräch und der Einstellung bzw. Ablehnung durchlaufen. Er konstituiert sich durch sogenannte „Touchpoints“, die man als Kontaktschnittstellen zwischen Arbeitgeber und Bewerber*in bezeichnen kann. Die Candidate Journey können Sie größtenteils beeinflussen oder sogar entwerfen.
Die Candidate Experience hingegen beinhaltet alles, was die*der Interessent*in im Rahmen aller mit dem Personalmarketing zusammenhängender Prozesse erfährt. Sie schließt auch den individuellen Eindruck ein, den die Bewerber*innen vom Arbeitgeber haben – und zwar vom Findungsprozess über die Bewerbung bis hin zum Vorstellungsgespräch und der Einstellung. Wichtig ist hier: Die Candidate Experience ist eine subjektive Empfindung, die sich aber entscheidend auf Ihr Abschneiden als Arbeitgeber auf einem umkämpften Markt auswirkt.

Das Strukturieren des Bewerbungsprozesses ist unabdingbar, um Bewerber*innen in ihrer Bewertung zu beeinflussen. Nicht umsonst sieht man in den Begriffen Ähnlichkeiten zum Marketing. Customer Journey und Customer Experience sind z. B. im E-Commerce elementare Prozesse, welche die immer häufiger fehlende statische Kundenbindung durch positive Interaktion mit dem Unternehmen ausgleichen. Im Produktmarketing kann dies unternehmensseitig gesteuert werden, also wieso diese Möglichkeiten nicht auch für die Stärkung Ihrer Employer Brand nutzen? Denn eine positive Candidate Journey bringt viele Vorteile mit sich.

Was eine gute – oder schlechte – Candidate Experience leistet

Tatsächlich sind die Begriffe in Deutschland noch gar nicht so lange Thema im Recruiting. Schade eigentlich, wenn man bedenkt, dass eine Optimierung des Bewerbungsprozesses eine Menge auf die Arbeitgeber- und sogar die Produktmarke einzahlt. Eine Vernachlässigung dagegen mündet durchaus auch in Fällen wie dem von Virgin Media: Die schlechte Behandlung, die Bewerber*innen im Auswahlverfahren erlebten, weitete sich für das Medienunternehmen zu einem finanziellen Schaden von ca. 5,4 Millionen Euro pro Jahr aus. Denn: In diesem Fall waren die potenziellen Arbeitnehmer*innen eben auch Kund*innen. Und wer erst einmal als Bewerber*in schnöde abgefertigt wurde, hat auch kein besonderes Interesse mehr, bei einem solchen Unternehmen Geld zu lassen. Betrachtet man die*den potenzielle*n Mitarbeiter*in als Kund*in, ist klar, dass die Erfolge des Customer Experience Managements auch auf das Recruiting übertragbar sind und zu langfristigen Erfolgen führen können. Aber wo setzt man am besten an?

So planen Sie die optimale Candidate Journey: Touchpoints kennen und Daten erheben

Bewerber*innen kommen natürlich nicht erst dann mit Ihnen in Kontakt, wenn Sie zum Bewerbungsgespräch eingeladen werden. Schon vorher haben Sie die Möglichkeit – und sollten sie nutzen –, Einfluss auf den Bewerbungsprozess zu nehmen:

  • Machen Sie Ihre Stellenanzeigen fit: Die Digitalisierung des Stellenmarkts bringt die Möglichkeit mit sich, KPIs wie Impressions, Klicks und CPC (Cost-per-Click) zu erheben. Wird Ihre Anzeige oft ausgespielt, aber es fehlen die Bewerben-Klicks? Dann ist sie möglicherweise nicht attraktiv genug für Ihre idealen Kandidat*innen – das können Sie ändern, indem Sie Ihre Stellenanzeigen als Aushängeschild und Werbebotschaft wahrnehmen und entsprechend umsetzen.
  • Sorgen Sie für einen kohärenten Auftritt: Ihr Unternehmen ist nicht der einzige Player in der Kommunikation mit Jobsuchenden. Auf Bewertungsportalen wie Kununu, aber auch auf z. B. Social Media wird über Sie gesprochen. Deshalb lohnt es sich, ein Auge auf Ihre Reputation zu haben. Noch vor der Bewerbung können Bewerber*innen nämlich so auf die Attraktivität Ihres Unternehmens schließen.
  • Optimieren Sie den Bewerbungsprozess: Ihr*e Wunschkandidat*in hat Ihre Anzeige gesehen, sich über Sie informiert und sich gleich darauf in Ihr Unternehmen verliebt? Perfekt! Nun geht es an die Bewerbung – und die kann oftmals die frisch entflammte Liebe direkt wieder abkühlen: Wenn der Bewerbungsprozess kompliziert ist, brechen viele Bewerber*innen ihre Bewerbung zwischendrin ab. Gerade in Zeiten von Smartphones und Tablets empfiehlt es sich, den Bewerbungsprozess möglichst schlank zu halten und nicht zu viele Hürden einzubauen. Wenn der Prozess nicht mobiloptimiert ist, zig Anhänge hochgeladen werden müssen und allgemein alles etwas schwerfällig ist, kann das schnell zu Frustration führen.
    Übrigens: Bei der Bewerbung per E-Mail sollten Sie beachten, dass alle eingegangenen E-Mails zuverlässig beantwortet, Bewerbungseingänge bestätigt und Rückfragen zu der Stelle möglichst schnell bearbeitet werden. Und auch die Absage-Mail nicht vergessen, wenn der*die Bewerber*in nicht passt.
  • Das Bewerbungsgespräch vor, während und danach: Dass Recruiter*innen sich mit genau der gleichen Sorgfalt vorbereiten sollten, wie ihre Kandidat*innen, wissen Sie. Schließlich vertreten Sie Ihr Unternehmen im direkten Gespräch und sind erste Anlaufstelle für neue Mitarbeiter*innen. Klar, dass Sie da auch für eine Atmosphäre sorgen, bei der sich Bewerber*innen willkommen fühlen. Aber egal, wie das Gespräch ausgeht, es lohnt sich, Feedback aller Bewerber*innen einzuholen und jeden Bewerbungsprozess mit einer Nachbereitung abzuschließen. Einerseits können Sie so Verbesserungsvorschläge von Ihrer Zielgruppe einholen und andererseits nehmen Sie dadurch jede*n Bewerber*in noch einmal persönlich mit. Das zeigt, dass das Unternehmen sich um sein Personal bemüht und es wertschätzt – was wiederum Ihre Reputation verbessert. Schließlich kann jede*r Bewerber*in ein Multiplikator Ihrer Brand Reputation sein.

Sie wollen etwas ändern?

Starten Sie am besten mit einer kritischen Reflexion Ihrer Präsenz in den Touchpoints mit Ihren Bewerber*innen. Dazu gehört das eigene BMS, aber auch der Auftritt auf Social Media und natürlich den Online-Jobbörsen. Wenn Sie Probleme beim Identifizieren von Optimierungspotenzialen haben oder Unterstützung bei der Umsetzung frischer Ideen für die Führung Ihrer Marke brauchen, sind wir neben unserem Blog natürlich auch ganz persönlich für Sie da!