Von der internen Stellenbeschreibung zum Herzstück des Recruitings: Aufbau, Text und Stil einer guten Stellenanzeige

Stephanie Sachs
Oktober 2022

Die externe Stellenanzeige ist nach wie vor im Recruiting unverzichtbar – für Bewerber*innen genauso wie für Recruiter*innen. Wir zeigen Ihnen, wie sie zu einer überzeugenden Werbebotschaft für Ihr Unternehmen als Arbeitgeber und zu einem attraktiven Gesuch um neue Mitarbeiter*innen wird.

Eine gute Stellenanzeige meistert den Spagat zwischen Angebot und Gesuch

Kurz und knapp: Mit Ihrer externen Stellenanzeige suchen und bieten Sie gleichzeitig.

Sie sollte daher unbedingt die 5 „W-Fragen“ beantworten:

  1. Wer sind wir?
  2. Wen suchen wir?
  3. Was erwarten wir?
  4. Was bieten wir?
  5. Worum bitten wir?

… und dabei sowohl die (Arbeitgeber-)Marke Ihres Unternehmens repräsentieren als auch natürlich AGG-konform formuliert sein.

Eine gute Ausgangsposition für die Gestaltung und Formulierung einer Stellenanzeige bietet das klassische AIDA-Modell aus dem Marketing:

Mit Ihrer Stellenanzeige wollen Sie die Aufmerksamkeit (Attention) der potenziellen Bewerber*innen auf die offene Stelle ziehen. Sie muss Ihrer Zielgruppe also grundsätzlich erst einmal auffallen, bevor sie sich im zweiten Schritt (Interest) mit dem Inhalt der Anzeige beschäftigt.
Für eine Online-Stellenanzeige bedeutet das, dass sie zunächst angeklickt und anschließend aufmerksam gelesen wird.
Insbesondere die Wahl des Veröffentlichungskanals ist hier wichtig: Dieser muss zur Zielgruppe passen, damit die Anzeige für die gewünschten Bewerber*innen überhaupt sichtbar ist. Kenntnis über das Mediennutzungsverhalten Ihrer Bewerber*innen-Zielgruppe ist daher Voraussetzung für den Erfolg Ihrer Stellenanzeige.

Gestalten Sie den Inhalt der Anzeige so, dass er bei Leser*innen den Wunsch (Desire) weckt, sich direkt auf die Vakanz oder vielleicht sogar per Initiativbewerbung bei Ihnen als Arbeitgeber zu bewerben. Die Formulierung sollte dabei so einladend sein, dass der Wunsch in die Tat (Action) umgesetzt wird.

Einheitliches Auftreten als Unternehmen und Arbeitgeber

Eine Stellenanzeige ist nicht nur Personalbeschaffungs-, sondern immer auch (Personal-)Marketinginstrument. Sie trägt zur Wahrnehmung Ihrer Unternehmensmarke bei und sollte daher dem Corporate Design entsprechen, um zur Wiedererkennung beizutragen.

Grafische Gestaltung

In die Entwicklung des Corporate Designs wird meistens eine Menge Arbeit (und damit auch Kosten) investiert. Corporate Design Manuals und Styleguides können daher nahezu epische Ausmaße annehmen. Dennoch nimmt das Thema Personalmarketing darin oftmals erstaunlich wenig Raum ein. Dabei können die oft detailreichen Vorgaben zur Gestaltung von Werbe- und Imageanzeigen nur bedingt auf Stellenanzeigen angewendet werden. Der Knackpunkt ist, dass im Vergleich zur klassischen Produkt- und Imagewerbung der Textanteil in Personalanzeigen sehr viel höher ist. Wenn viel Text dargestellt werden muss, hat das nicht nur grundsätzliche Auswirkungen aufs Layout, sondern im Zweifel auch auf die Kosten, denn bei Printanzeigen ist jeder Millimeter preisrelevant. Umgekehrt muss bei Online-Veröffentlichungen die Nutzung von Mobile Devices mitbedacht werden. Online-Anzeigen sollten unbedingt im Responsive Design erstellt werden, sodass sich die Darstellung dem Display des entsprechenden Endgeräts anpasst. Von starren Anzeigenformaten mit fest vorgegebenen Zeilenumbrüchen, Abständen und Bildgrößen ist unbedingt abzuraten.

Sprache und Tonalität

Auch bei der Wahl des Sprachstils sollten Sie darauf achten, dass Ihr Anzeigentext der Corporate Identity und damit auch idealerweise der Unternehmenskultur entspricht.

Dies beginnt bei ganz einfachen stilistischen Merkmalen, wie der Ansprache der Bewerber*innen: Du oder Sie.
Gilt für Ihre externe Kommunikation ein eher förmlicher Sprachduktus, sollten auch die Stellenanzeigen, Eingangsbestätigungen oder auch die Menüführung im Bewerbermanagementsystem in der Sie-Form geschrieben sein – selbst, wenn teamintern geduzt wird.

Denken Sie zum Beispiel einmal an das Auftreten von IKEA: Das Unternehmen lebt seit fast 20 Jahren eine offene Duz-Kultur. Klar, dass auch Bewerber*innen daher konsequent geduzt werden.

Authentizität und Ehrlichkeit

Authentizität ist wichtiger als eine nach Marketingmethoden optimal auf Ihre Zielgruppe zugeschnittene Werbebotschaft. Seien Sie auch in der Kommunikation mit Ihren Bewerber*innen ehrlich und versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können. Das AIDA-Modell kann auch überstrapaziert werden!

Aufbau

Das folgende Beispiel zeigt den typischen Aufbau einer Stellenanzeige, bestehend aus den unter 1-6 aufgeführten (Pflicht-)Bestandteilen.

Beispiel des typischen Aufbaus einer Stellenanzeige
Beispiel eines typischen Anzeigenaufbaus
  1. Vorstellung des Arbeitgebers
  2. Titel der zu besetzenden Vakanz
  3. Aufgaben der*des zukünftigen Stelleninhaber*in
  4. Anforderungsprofil der Vakanz bzw. Qualifikationen der*des Stelleninhaber*in
  5. Angebot des Arbeitgebers an die*den Stelleninhaber*in
  6. Bewerbungsmodalitäten (E-Mail-Bewerbung, Link zum Bewerbermanagementsystem), Kontaktangaben der Ansprechpersonen im Unternehmen, CTA

Die Reihenfolge der einzelnen Textblöcke ist nicht in Stein gemeißelt, wird aber meistens, wie oben angegeben, gewählt. In Ihrem Anzeigendesign können Sie natürlich selbst entscheiden, wie Sie die einzelnen Elemente anordnen möchten. Eine Abweichung von der traditionellen Sortierung kann sowohl positiv auffallen als auch zu Ablehnung und Irritation führen.
Unser Tipp: Führen Sie Ihre Leser*innen bewusst durch die Anzeige, sodass sich ein ganzheitliches Bild ergibt.  

Mit Blick auf eine Schaltung in externen Jobportalen sollten Sie sich mit deren Design-Vorgaben vertraut machen. StepStone zum Beispiel hat mit seinem Liquid Design eine Einflussnahme des Arbeitgebers auf die Anordnung der einzelnen Textblöcke gänzlich aufgehoben.

Aber auch ganz unabhängig von portalseitigen Regelungen sollte eine Stellenanzeige klar strukturiert sein, damit die Suchalgorithmen (z. B. von Google) korrekt arbeiten können.
Ein nach SEO-Kriterien optimierter Text tut sein Übriges für eine optimale Sichtbarkeit und damit auch Performanz einer Anzeige.

Wo sich die Geister scheiden oder: Der Anzeigentext

Ganz klar: Der gesamte Bewerbungsprozess muss AGG-konform sein und dazu zählt natürlich auch der Anzeigentext. AGG-konform heißt: Eine Anzeige muss geschlechts- und altersneutral formuliert sein.

Zu beachten hierbei ist, dass seit Januar 2019 Personen ihren Geschlechtseintrag zu „divers“ („drittes Geschlecht“) ändern können. Wie dies in Stellenanzeigen zu berücksichtigen ist, ist den Arbeitgebern bislang freigestellt. Eine rechtlich vorgeschriebene Sprachregelung existiert nicht.
Gängig, jedoch gleichzeitig keine Pflicht und nicht unbedingt ausreichend, sind Abkürzungen des dritten Geschlechts mit „d“ oder „div“ für divers, „i“ für intersexuell, „t“ für transgender oder auch „x“ für „beliebig“.

Egal, für was man sich entscheidet, im Vordergrund steht dabei immer das bewusste Aufzeigen, dass keines der Geschlechter bevorzugt wird.

Auch Angaben zu körperlicher oder geistiger Behinderung, zur sexuellen Identität oder auch Ethnie ebenso wie Präferenzen bezüglich Religion oder Weltanschauung eines*einer Bewerber*in sind untersagt.
Ausnahmen gelten für kirchliche Arbeitgeber, die Bewerber*innen ohne entsprechende Kirchenzugehörigkeit ausschließen dürfen.

Das klingt alles erst einmal ganz logisch und nachvollziehbar, der Teufel steckt hier jedoch wie so oft im Detail.
Auch scheinbar unverfängliche Begrifflichkeiten („belastbar“, „flexibel“ und „junges Team“ zum Beispiel) können AGG-kritisch sein. Schnell bewegt sich ein Arbeitgeber in AGG-Hinsicht auf dünnem Eis. Und: Der Status quo ändert sich schnell. Immer wieder werden neue Rechtsurteile gefällt, die bestimmte AGG-Aspekte bekräftigen, entschärfen oder scheinbar unauffällige Formulierungen auf die Liste der Don’ts setzen.
Aufmerksamkeit ist hier die Devise.

Von der internen Stellenbeschreibung zur externen Anzeige

Texte wirken. Immer.
Und diese Wirkung reicht weit über die reine Informationsvermittlung hinaus. Das, was „zwischen den Zeilen“ passiert, kann dafür sorgen, dass ein*e Interessent*in aktiv wird und sich bewirbt – oder auch nicht.
Natürlich möchten sich potenzielle Bewerber*innen ein möglichst genaues Bild über ihre zukünftigen Aufgaben machen. Eine gut gepflegte interne Stellenbeschreibung kann daher eine solide Basis für die externe Stellenanzeige bilden. Aber vergessen Sie nicht: Das eine dient vor allem der gründlichen internen Dokumentation, das andere hat einen auch nach außen wirksamen Werbezweck.
Eine ins Corporate Design gegossene interne Stellenbeschreibung ist noch lange keine gelungene, runde Anzeige!

So gelingt die Transformation einer internen Stellenbeschreibung in eine externe Anzeige:

  1. Aufgaben und Anforderungsprofil sinnvoll zusammenfassen und priorisieren
  2. Interne Begrifflichkeiten (vor allem im Titel) in extern verständliche Formulierungen wandeln
  3. In Erfahrung bringen, wie die Zielgruppe tickt und welcher Stil „gut ankommt“
  4. Erst dann kann es ans Texten gehen – selbstverständlich im Sinne der Corporate Identity

Klingt aufwändig? Ist es auch, denn es gibt kein allgemeingültiges Erfolgsrezept für gute Stellenanzeigentexte. Nicht jede Zielgruppe springt auf denselben Stil an und nicht alle Bewerber*innen legen auf dieselben Inhalte gleich viel Wert.

Die Gretchenfrage: Ganze Sätze oder Stichpunkte

Ein Blick in die Stellenportale zeigt: Die überwiegende Mehrheit der Stellenanzeigen wird aktuell durchgängig in Stichpunkten verfasst.

Die Vorteile liegen auf der Hand:

Die internen Stellenbeschreibungen sind ohne viel Zeitaufwand zu kürzen und können so recht einfach als externe Anzeigen weiterverwendet werden. Kandidat*innen können den Inhalt einer Anzeige schnell erfassen und müssen nicht „so viel lesen“, die Anzeigen sind „nicht so lang“.

Die Nachteile:

Anzeigen für dieselbe Tätigkeit klingen alle gleich – ganz egal, welches Unternehmen da gerade um neue Mitarbeiter*innen wirbt. Denn Stichpunktlisten führen automatisch zu Nominalstil: „Umsetzung“, „Einführung“, „Bearbeitung“.
Ihre individuelle Arbeitgebermarke lässt sich damit kaum transportieren.

Das Thema „Stichpunkte vs. Fließtext“ ist ein echter Dauerbrenner, sowohl hinsichtlich Google-Ranking als auch speziell im Recruiting.
Die Quintessenz ist: Bewerber*innen bevorzugen Aufzählungspunkte mit ausführlich ausformulierten Sätzen, nachzulesen zum Beispiel in dieser Studie von softgarden.  Und auch Google „belohnt“ Websites mit gut strukturierten und ausführlich formulierten Texten.

Wir empfehlen daher eine gesunde Mischung aus Fließtext und Aufzählungslisten (ausformuliert bei den Aufgaben, stichpunktartig im Profil), die der jeweiligen Zielgruppe angemessen ist und die Ihren USP als Arbeitgeber vermittelt.
Sprich: Ihre Anzeige sollte „rund“ sein.

Bei aller Diversität möchten wir Ihnen dennoch ein paar Tipps an die Hand geben, die Ihre Stellenanzeigen jederzeit gut dastehen lassen:

  1. Setzen Sie die Bewerber*innenbrille auf.
    Das hilft Ihnen dabei, Ihren Anzeigentext so verständlich wie möglich und dabei so präzise wie nötig zu halten.
  2. Legen Sie besonderes Augenmerk auf einen verständlichen Anzeigentitel – hiermit steht und fällt die Sichtbarkeit Ihrer Anzeige in den Jobportalen.
  3. Achten Sie bei Aufgaben und Anforderungsprofil auf eine überschaubare Länge und eine realistische Darstellung: „Beipackzettel“-artige Aufgaben- und Profilbeschreibungen wirken nicht nur optisch abschreckend, sondern können auch eigentlich qualifizierte Kandidat*innen verunsichern.
  4. Sie haben Ihren Mitarbeitenden mit Sicherheit etwas zu bieten: Nennen Sie diese Benefits.
  5. Zeigen Sie Wertschätzung und Sorgfalt, indem Sie Ihre Anzeigen auf Rechtschreibung und Grammatik prüfen (lassen).

Übrigens: In der oben zitierten Studie von softgarden gaben 27% der Befragten an, sich auf eine Stelle schon einmal nicht beworben zu haben, „weil die Anzeige zu schlecht war“.

Fazit

So lapidar es klingt: Bewerber*innen sind Menschen. Mit Ihrer Stellenanzeige laden Sie diese Menschen dazu ein, ihrem Lebenslauf möglicherweise eine ganz neue Wendung zu geben. Ein neuer Job ist für die meisten eben doch ein bisschen was anderes als ein neues Paar Schuhe, die man bei Nichtgefallen oder Nichtpassen einfach wieder zurückgeben kann.

Unser Appell:
Nehmen Sie Ihre Bewerber*innen ernst und texten Sie für reale Menschen, nicht für die eierlegende Wollmilchsau, die mit der internen Personalanforderung vielleicht gesucht wird.
Damit Ihre Stellenanzeigen ihren Zweck erfüllen können, sollten Sie ihnen dieselbe Aufmerksamkeit und Sorgfalt zuteilwerden lassen, mit der Sie Ihr Produktmarketing betreuen.
Schulen Sie Ihre Mitarbeiter*innen also entsprechend – oder holen Sie sich die Expertise mit einer Agentur ins Haus. Mit uns zum Beispiel!