Gendern leicht gemacht – Gendersternchen & Co.

Vanessa Lellig
September 2021

Kundenberater*in, Ingenieur (m/w/d), VerkäuferIn – in den letzten Jahren ist Bewegung in die Stellentitel von Personalanzeigen gekommen. Wo früher schlicht die Positionsbezeichnung stand, kam zunächst ein „(m/w)“, später sogar ein „(m/w/d)“ hinzu. Mancher Arbeitgeber benutzt ein „*“, mal mit, mal ohne Erklärung am Ende der Anzeige. Andere bevorzugen einen Doppelpunkt oder den sogenannten Gender Gap (= ein Unterstrich).

Doch was bedeuten all diese Angaben und welche sollte man nutzen? Was sagt man mit der einen aus, was mit der anderen?
Eine verbindliche Angabe, die à la Duden festgelegt und allgemeingültig ist, werden Sie hier genauso wenig finden wie eine Rechtsberatung – die überlassen wir lieber den Jurist*innen (Jurist:innen? JuristInnen?) …
Doch wir wollen Ihnen hier einen groben, kurzen Überblick über die Möglichkeiten geben, die sich Ihnen bieten: immer mit dem Ziel, eine inklusive Sprache anzuwenden, die alle Geschlechter gleichermaßen anspricht, niemanden ausgrenzt und dem AGG gerecht wird.

Gendern ist nämlich nicht erst seit heute ein Thema, dem man sich stellen sollte.

Inklusiv, genderneutral, AGG-konform: Viele Wege führen zum Ziel

Möglichkeit 1: Männlich, weiblich, divers – drei Geschlechter, eine Klammer

Die Klammer „(m/w/d)“ oder „(w/m/d)“ ist die vielleicht schnellste und plakativste Art, für AGG-konforme und gendergerechte Bewerber*innenansprache zu sorgen. Manchmal findet man statt des „d“ (= divers) auch:

  • i (= inter(sexuell))
  • a (= anders)
  • x (= nicht definiertes Geschlecht)
  • gn (= geschlechtsneutral)
  • * (= Platzhalter oder Asterisk)

Mit dieser Variante gehen Sie auf Nummer sicher – allerdings sollten Sie beachten, dass das „(m/w/d)“ nicht nur im Stellentitel steht und in der gesamten Stellenanzeige verwendet wird. Heißt: Suchen Sie laut Profil beispielsweise nach einem ausgebildeten Mechatroniker oder Industriemechaniker, sollten Sie bei beiden Begriffen das „(m/w/d)“ dranhängen. Das füllt den gesamten Text u. U. sehr auf und unterbricht den Lesefluss, ermöglicht aber die Bewerber*innenansprache für alle Geschlechter konsequent durchzuführen.
Über die Häufigkeit der Erwähnung streiten sich übrigens die Geister: die einen hängen an jede Personenbeschreibung ein „(m/w/d)“, andere sagen, nur bei der ersten Nennung muss der Zusatz genannt werden. Sie sehen: Ein kompliziertes Thema, das vor allem noch in der Entwicklung steckt und somit auch individuellen Gestaltungsraum eröffnet.

Möglichkeit 2: Das Gendersternchen

Wie Sie vielleicht schon bemerkt haben, ist das Gendersternchen die Variante, die wir selbst auf unserer Website nutzen. Was jedoch nicht heißen soll, dass wir dies uneingeschränkt und ausschließlich empfehlen möchten.
Das Gendersternchen hat zwei große Vorteile: Es hat sich in den letzten Jahren etabliert und verursacht eine Lücke im Wort, die dieses für alle Geschlechter öffnet.
Ein Nachteil ist – wie bei so vielen Arten des Genderns – dass es nicht sehr flüssig zu lesen ist und manche Screenreader (eine Vorlese-Software für Blinde und Sehbehinderte) aus diesem Grund auch Probleme damit haben

Beispiel: Wir suchen eine*n ausgebildete*n Friseur*in.

Möglichkeit 3: Der Genderdoppelpunkt

Im Gegensatz zum Gendersternchen zeichnet den Genderdoppelpunkt ein großer Vorteil aus: Er wird von Screenreadern erfasst und diese lesen an dieser Stelle eine kleine Pause („Lehrer Innen“), so dass signalisiert wird, dass alle Geschlechter gemeint sind – und ist durch diese Lesbarkeit noch mal inklusiver als das Sternchen. Vielleicht haben Sie diese Pause auch schon mal bei Anne Will oder Claus Kleber gehört …
Die weiteren Vor- und Nachteile sind die gleichen wie beim Gendersternchen, jedoch wird der Doppelpunkt von vielen im Schriftbild als nicht so störend empfunden.

Beispiel: Lehrer:innen

Möglichkeit 4: Der Gender-Unterstrich

… oder auch Gender Gap. Mit diesem Begriff werden manchmal auch alle anderen Varianten bezeichnet, die eine Lücke im Wort verursachen, also auch der Doppelpunkt und das Sternchen. Vor- und Nachteile sind ähnlich wie bei diesen, jedoch können Screenreader auch den Unterstrich nicht korrekt auslesen.

Beispiel: ausgebildete_r Betriebsschlosser_in

Möglichkeit 5: Der Schrägstrich

Vielleicht einer der Klassiker, der schon weit vor der Änderung des Personenstandsgesetzes (siehe Abschnitt „Eine kleine Entscheidungshilfe“) im üblichen Sprachgebrauch zu finden war. Der große Nachteil hier: Grammatikalisch knirscht es oftmals gewaltig und alles wirkt etwas sperrig – spätestens, wenn man den Singular verwendet.
Beispiel: „die/der Kund/in“. Hier müsste eigentlich für die männliche Form „Kunde“ stehen, das „e“ fällt jedoch weg. Insgesamt wirkt die gesamte Konstruktion etwas umständlich.
Weiterer Nachteil: Mit dieser Form werden weiterhin nur Männer und Frauen angesprochen.

Möglichkeit 6: Das Binnen-I

Das Binnen-I ist in den letzten Jahren etwas aus der Mode gekommen und hat den großen Nachteil, dass es sich wie der Schrägstrich auf Männer und Frauen als einzige Geschlechter beschränkt und daher weiterhin als diskriminierend wahrgenommen werden kann. Dafür hat es den Vorteil, dass es sich recht flüssig lesen lässt. Grammatikalisch holpert es manchmal dennoch (genauso wie beim Schrägstrich): „ÄrztIn“.

Möglichkeit 7:
Geschlechtsneutrale Formulierung

Eine der wahrscheinlich bekanntesten geschlechtsneutralen Formulierungen stammt aus dem akademischen Kontext: Studierende. Dieser Begriff umfasst alle Geschlechter und ist somit so neutral wie nur irgendwie möglich. Damit tritt aber auch schon der Nachteil dieser substantivierten Adjektive zu Tage: Sie wirken unpersönlich (und teils auch etwas bemüht). Zudem ist es nicht bei allen Begriffen möglich, diese Form zu wählen, beispielsweise bei der Berufsgruppe der Ärzt*innen: Behandelnde? Gesundmachende? Ärzteschaft scheint auf den ersten Blick eine Lösung, impliziert jedoch wieder die männlichen Vertreter und ist außerdem sehr abstrakt.

Möglichkeit 8: Asterisk – das erklärende Sternchen

Eine weitere Möglichkeit, alle Geschlechter anzusprechen, ist das erklärende Sternchen, das an jedes Wort angeschlossen werden kann:
Arzt (m/w/d*) bzw. Arzt*
+ Erklärung am Ende der Stellenanzeige/des Texts
(z. B. „* Geschlecht, Alter oder Herkunft machen für uns keinen Unterschied – Hauptsache, Sie passen zu uns!“ oder „* Wir sprechen alle Talente gleichermaßen an.“)
Dies hat den Vorteil, dass Sie vollkommen frei sind von Konstruktionen der vorher beschriebenen Art und AGG-konform bleiben, selbst wenn Sie sich für eine explizit männliche oder weibliche Form entscheiden. Der Nachteil: Für eine Form müssen Sie sich entscheiden. Arzt* oder Ärztin*? Hier gilt es, die Zielgruppe im Blick zu haben. Und: Bei so eindeutig einem Geschlecht zugeordneten Berufen wie der Hebamme oder der Krankenschwester bleibt die Ansprache weiterhin etwas einseitig.  

…sonstige Varianten

Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Varianten, beispielsweise das Ausrufezeichen („Sachbearbeiter!n“), Vorschlag der Linguistin Luise F. Pusch, den Mediopunkt („Mitarbeiter·in“) oder einen schlichten Punkt („Journalist.innen“). Diese sind jedoch nicht häufig vertreten und eher unbekannt.

Eine kleine Entscheidungshilfe

Sie sehen, den Varianten sind nahezu keine Grenzen gesetzt und auf den ersten Blick scheint es eine Herausforderung zu sein, richtig mit dem Thema Gendern umzugehen. Um es aber direkt offen zu sagen: Die richtige Art zu gendern gibt es nicht. Für die deutsche Sprache gibt es wie anfangs erwähnt (noch) kein festgeschriebenes Regelwerk und da das Personenstandsgesetz erst im Jahr 2018 geändert und dort der Eintrag „divers“ gesetzlich ermöglicht wurde, ist diese Entwicklung eher neu.
Aber keine Angst, Sprachwissenschaftler*in oder Jurist*in müssen Sie mitnichten sein, um für sich und Ihr Unternehmen die passende Lösung zu finden. Gern beraten wir Sie hierzu auch – vorab aber eine kleine Entscheidungshilfe mit allgemeinen Tipps für die Suche nach dem für Sie richtigen Umgang mit diesem Thema:

  • Ihre Stellenanzeigen, Unternehmenstexte und auch Ihre sonstige Kommunikation sollten möglichst einer einheitlichen Linie folgen und sich durchgängig an diese halten.
  • Für welche Variante Sie sich auch entscheiden: Benutzen Sie nicht nur das generische Maskulinum – dies ist weder zeitgemäß noch AGG-konform (siehe unten).
  • Praktikabel sollte die Lösung auch sein; manche Arten zu gendern verkomplizieren einen Text mehr als andere.
  • Behalten Sie Ihre Zielgruppe im Blick, auch über die Bildsprache. Möchten Sie beispielsweise explizit auch Frauen für Ihr IT-Team gewinnen, empfiehlt es sich nicht, ausschließlich Männer auf den Bildern zu zeigen.

AGG tut gar nicht weh

Und ganz gleich, für welche Lösung Sie sich intern entscheiden mögen: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, kurz AGG, umgangssprachlich „Antidiskriminierungsgesetz“, ist das, was Sie bei Unsicherheiten immer hinzuziehen sollten. Dieses 33 Paragraphen umfassende Bundesgesetz regelt u. a. die Gleichbehandlung aller Beschäftigen durch den Arbeitgeber und soll „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“ verhindern bzw. beseitigen.
Im speziellen Fall des Geschlechts bedeutet dies: Niemand sollte sich durch eine Stellenanzeige und die dort enthaltene Bewerber*innenansprache benachteiligt, diskriminiert oder ausgeschlossen fühlen. Ist dies der Fall, gibt das AGG der betroffenen Person eine Reihe von Rechten (u. a. Beschwerderecht und Anspruch auf Entschädigung und Schadensersatz) – u. U. kann die Nicht-Einhaltung des AGG also monetäre Konsequenzen für Ihr Unternehmen haben.

Muss ich denn nun alles gendern?

Kurze Antwort: nein! Lange Antwort: Geht es um Personen, ja. Das heißt also, Sie müssen nun nicht jegliche Substantive gendern (die meisten haben im Deutschen nun mal ein grammatikalisches Geschlecht) und auch Begrifflichkeiten wie „Arbeitgeber“ müssen Sie nicht zwangsläufig gendern. Sind Sie eine Bank, können Sie sich natürlich durchaus als „Arbeitgeberin“ bezeichnen – das ist Ihnen überlassen und signalisiert vielleicht sogar eine verstärkte Sensibilität für dieses Thema. Für Bewerber*innen, die ihrerseits Wert darauflegen, direkt angesprochen zu werden, macht Sie das als Arbeitgeberin eventuell sogar attraktiver … Sprechen Sie jemanden mit einer Personenbezeichnung an (z. B. „Bewerber*in“), sollten Sie jedoch in jedem Fall darauf achten – Sie wissen ja, das AGG …

Übrigens, wer so richtig tief ins Thema einsteigen möchte: https://www.genderleicht.de/, ein sehr empfehlenswertes Projekt des Journalistinnenbundes und gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.