Job-Ghosting – wie Sie die Funkstille vermeiden können

Vanessa Lellig
März 2023

Vielleicht kennen Sie folgende Situation: Sie sind auf einem Date, amüsieren sich gut, fühlen sich zu der anderen Person hingezogen und machen sich Hoffnungen auf ein erneutes Treffen. Doch Ihre Kontaktversuche nach dem Date laufen ins Leere und Ihnen schlägt stattdessen Schweigen entgegen. Ihr Schwarm meldet sich nicht zurück und es scheint, als habe es diesen Menschen nie wirklich in Ihrem Leben gegeben. Dieses Phänomen hat einen eigenen Namen: Ghosting.  

Wurde dieser Begriff bisher eher auf privater Ebene verwendet, vor allem eben im Dating-Kontext, kommt Ghosting inzwischen auch vermehrt im Berufsleben vor – und das besonders im Bewerbungsprozess.

Sie haben es vielleicht schon bei Ihren eigenen Jobsuchen erlebt: Sie bewerben sich auf einen interessanten Job – und hören sehr lange nichts vom potenziellen Arbeitgeber. Manchmal bleibt eine Rückmeldung sogar vollständig aus.
Inzwischen haben sich auch hier die „Macht“-Verhältnisse umgekehrt – vergleichbar zum Wandel vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmer-Markt. In einer Umfrage von Indeed in Kooperation mit der Marktforschungsfirma Appinio vom August 2022 gaben ca. 56% der befragten HR-Verantwortlichen an, dass Ghosting durch Bewerber*innen zugenommen habe. Demnach wird am häufigsten vor und nach dem Bewerbungsgespräch, am wenigsten am ersten Arbeitstag geghosted. Außerdem interessant: Über 59% der Befragten gaben an, dass sich die Bewerber*innen, die sich nicht mehr gemeldet hatten, irgendwann nochmals beworben haben.

Die Gründe für Ghosting

Die Ursachen, weshalb Bewerber*innen den Kontakt abbrechen, können natürlich so individuell sein wie die Bewerber*innen selbst.

Einige Gründe für das Ghosting-Verhalten werden aber immer wieder angeführt:

  • Im laufenden Bewerbungsprozess kann es passieren, dass der*die Bewerber*in plötzlich doch ein besseres Angebot bekommt und nun Hemmungen hat, Ihnen abzusagen.
  • Während des Bewerbungsgesprächs hat sich für den*die Bewerber*in herausgestellt, dass Sie als Arbeitgeber doch nicht passend sind. Und das zu artikulieren fällt nicht immer so leicht.
  • Manch Bewerber*in mag vielleicht sogar denken, dass es bei fehlendem Interesse ganz normal ist, sich nicht mehr zu melden. Immerhin ghosten nicht nur Jobsuchende, sondern auch Unternehmen.
  • Und manchmal haben Bewerber*innen den Überblick verloren und schlicht vergessen, Ihnen abzusagen.

Was tun bei Ghosting?

Keine Frage, es ist frustrierend, keine Rückmeldung zu erhalten. Besonders, wenn Sie Ihre*n Wunschkandidat*in gefunden haben und die Einstellung dingfest machen wollen. Eigentlich sollte es zum guten Ton gehören, dass sowohl Unternehmen als auch Bewerber*innen absagen, wenn es doch nicht passt. Die Realität sieht jedoch oftmals anders aus und kann auch durchaus rechtliche Folgen haben.

Was also tun?
Zunächst: Abwarten. Es muss ja schließlich kein böser Wille hinter dem Schweigen stecken. Wenn Sie nach mehreren Kontaktversuchen allerdings keine Rückmeldung erhalten haben, sollten Sie – insofern vorhanden – andere geeignete Kandidat*innen kontaktieren, um nicht noch mehr unnötig Zeit zu investieren.

Dazu ein prinzipieller Tipp: Versteifen Sie sich nicht auf die*den eine*n Traumkandidat*in, für die*den Sie sofort allen anderen absagen. Nehmen Sie stattdessen auch zu anderen geeigneten Kandidat*innen Kontakt auf.  

Wie können Sie Ghosting vorbeugen?

Nie wieder von einer*einem interessanten Kandidat*in zu hören, ist ärgerlich. Immerhin haben Sie als Recruiter*in Zeit investiert, mussten anderen geeigneten Kandidat*innen absagen und haben Geld in den Sand gesetzt. Was also dafür tun, dass es weniger vorkommt?

Seien Sie schneller als Ihre Konkurrenz!

Üblicherweise warten Unternehmen den kompletten Bewerbungseingang ab, sammeln alle Bewerbungen, sichten diese und geben erst dann eine Rückmeldung. Dieses Vorgehen ist nachvollziehbar, kostet Sie jedoch unter Umständen die eine Nasenlänge Vorsprung vor der Konkurrenz. Je länger Sie benötigen, um Bewerber*innen eine Rückmeldung auf Ihre Bewerbung zu geben, desto wahrscheinlicher ist es, dass diese in der Zwischenzeit einen anderen passenden Arbeitgeber gefunden haben – der schneller war als Sie.

Durch den Fachkräftemangel hat sich der Arbeitgeber- zu einem Arbeitnehmermarkt verschoben. Unternehmen befinden sich vermehrt in einem Wettbewerb um die wenigen Fachkräfte, ganz besonders, wenn es sich um solche aus gefragten Bereichen wie der IT handelt.
Setzen Sie sich also schneller mit geeigneten Bewerber*innen in Verbindung, lassen Sie nicht Wochen ins Land ziehen und signalisieren Sie damit ein „Wir wollen Sie einstellen!“ statt mangelndes Interesse. Und warten Sie nicht darauf, dass jemand „besseres“ kommen könnte, wenn es mit einem*einer Bewerber*in schon sehr gut passt.

Kommunizieren Sie abseits der klassischen Medien

Gerade die jüngeren Generationen gelten als telefonscheu. Rufen Sie also Bewerber*innen der Generation Y und Z nicht an, denn eine unbekannte Nummer auf dem Display ruft nämlich nicht gerade Begeisterungsstürme bei Millenials und Zoomern hervor. Alternativ ist eine E-Mail das Mittel der Wahl. Oder Sie probieren einmal neue Wege aus und nehmen Kontakt via Messenger – WhatsApp, Signal, Threema o. Ä. – auf.

Kommunizieren Sie persönlich, transparent und motivierend

Eine Standardmail erhalten Bewerber*innen viel zu häufig – so häufig, dass nach einem Bewerbungsgespräch leicht durcheinandergerät, von wem die Mail denn nun stammt. Schließlich werden Sie nicht der einzige Arbeitgeber sein, bei dem die*der Bewerber*in sich beworben hat, und mit einem „Wir danken Ihnen für Ihre Bewerbung“ tun Sie sich nicht gerade hervor. Nehmen Sie sich also die Zeit, um Bezug zu nehmen auf individuelle Punkte, die Ihnen z. B. im Bewerbungsgespräch oder in der Bewerbung positiv aufgefallen sind. Damit signalisieren Sie echtes Interesse an der Person, vermitteln das Gefühl, dass die*der Bewerber*in nicht bloß eine*r von vielen ist – und zahlen auf Ihre Arbeitgebermarke ein. Denn wie Sie mit Ihren Bewerber*innen umgehen, spricht sich schnell herum und zieht möglicherweise auch Kreise außerhalb des Recruiting-Prozesses. Und das kann auch Folgen für die Reputation Ihrer Marke haben.
Auch die Aussicht darauf, was als nächstes kommt, wie der Zeitplan aussieht etc. wirkt motivierend. Außerdem sorgen Sie so dafür, dass die*der Bewerber*in sich gesehen und respektvoll behandelt fühlt – und die Wahrscheinlichkeit, dass nach solchen Zusagen ein Ghosting folgt, wird dadurch geringer. Aber Achtung: Sie sollten diese Zusagen auch einhalten können. Versprechen Sie z. B. nicht, sich am kommenden Montag zu melden, wenn Sie diesen genauen Termin nicht in jedem Fall einhalten können.

Machen Sie ein unwiderstehliches Angebot

Haben Sie den*die Traumkandidat*in gefunden? Perfekt – machen Sie ihm*ihr ein unwiderstehliches Angebot, das der zukünftigen Stelle angemessen ist. In Zeiten des Fachkräftemangels sind sich die Jobsuchenden Ihres Werts deutlich bewusster. Die Kirsche auf dem Benefit-Eisbecher muss dabei nicht immer ein exorbitantes Gehalt oder ein Dienstwagen sein. Vielleicht finden Sie im persönlichen Kontakt heraus, was dem*der zukünftigen Mitarbeiter*in in der aktuellen Lebenssituation unter die Arme greifen würde oder welche Vorlieben sie*er pflegt.

Stärken Sie Ihre Arbeitgebermarke

Um Ghosting vorzubeugen, sollten Sie frühzeitig – am besten schon in der Stellenanzeige – das, was Sie als Arbeitgeber ausmacht, hervorstreichen. Kurz: Stärken Sie Ihre Arbeitgebermarke, seien Sie authentisch und werben Sie für sich. Sollten Sie noch keine Arbeitgebermarke ausgearbeitet haben, besinnen Sie sich auf Ihre Qualitäten, Ihre Stärken und auch auf Ihre Schwächen. Letztere müssen Sie natürlich nicht proaktiv kommunizieren, aber seien Sie sich ihrer bewusst, damit Sie realistisch darlegen können, was Sie zu bieten haben. Denn auch eine Diskrepanz zwischen der Außendarstellung und den tatsächlichen Fakten kann dazu führen, dass Bewerber*innen abspringen und Sie ghosten. 

Und sonst?

Ghosting und der Umgang damit ist sicherlich kein leichtes Thema. Wir als Agentur können Ihnen besonders bei den vorbereitenden Maßnahmen helfen, allen voran einem gelungenen Employer Branding. Sprechen Sie uns gerne an!