Bewerbung abgebrochen: Warum Bewerbende im Recruiting-Prozess abspringen
Zeit ist Geld. Die augenscheinlich logische Schlussfolgerung wäre, dass Bewerbende mit Engagement und Durchhaltevermögen in den Recruiting-Prozess einsteigen und sich nicht abwimmeln ließen, um möglichst schnell an einen neuen Job zu kommen. Die Realität sieht jedoch anders aus: Vom Fachkräftemangel bis zu monatelang unbesetzten Stellen, die durch bereits angestellte* Kolleg*innen mit Mehrarbeit aufgefangen werden müssen. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber einer von ihnen scheint besonders ärgerlich, denn 90 Prozent der Personaler*innen berichten von Bewerbenden, die im Recruiting-Prozess plötzlich abspringen.
Wenn der Schuh schon vor dem Klick auf den Bewerben-Button drückt
Sie kennen es vielleicht selbst: Auf der Suche nach einem neuen Job stoßen Sie auf ein Unternehmen, das für Sie attraktiv klingt. Vielleicht kennen Sie sogar jemanden, der dort arbeitet, oder Sie mögen die Produkte dieses Unternehmens. In jedem Fall ist Ihnen das Unternehmen so positiv aufgefallen, dass Sie sich dort bewerben möchten – nur um auf der Website des Unternehmens kläglich zu scheitern. Entweder ist die Verlinkung zum Karrierebereich so versteckt, dass sie kaum auffindbar ist, oder die Karriereseite lässt sich dank fehlender Mobiloptimierung auf Ihrem Smartphone gar nicht ordentlich abbilden. Ist das bei Ihrem eigenen Unternehmen der Fall, schicken Sie als Arbeitgeber*in eine unterschwellige, aber deutliche Botschaft an Bewerbende: Sie möchten eigentlich gar nicht, dass sich jemand bei Ihnen bewirbt. Das mag etwas überspitzt klingen, umgekehrt wird es daher vielleicht deutlicher: Mit einer einladenden, leicht auffindbaren Landingpage zum Thema vakante Stellen bzw. Karriere vermitteln Sie einen positiven Eindruck – Bewerbende fühlen sich willkommen und wertgeschätzt. Noch bevor sie mit einem*einer Personaler*in Ihres Unternehmens in Kontakt treten, wissen Bewerbende, dass ihre Bewerbung in gute Hände kommt.
Fakt ist, dass viele Unternehmen sich des umständlichen Handlings ihrer eigenen Bewerbungsplattformen oftmals nicht bewusst sind. Links, die ins Leere führen, Stellenanzeigen mit längst abgelaufener Bewerbungsfrist oder Layouts, die die Lesbarkeit einschränken, schrecken Bewerber*innen regelmäßig ab. Ist dann auch noch wiederholt die genannte Ansprechperson telefonisch nicht zu erreichen oder die Bewerbungsplattform akzeptiert Bewerbungen nur in umfassendster Form oder nach einer Registrierung, steigt schnell Frust auf.
Nehmen Sie als potenzielle*r Arbeitgeber*in Ihren Kandidat*innen also im Idealfall Arbeit ab, indem Sie für ein benutzerfreundliches Interface mit klarer Navigation sorgen und Ihre Stellenanzeigen up to date halten. So wandeln Sie den Prozess in ein möglichst glattes und effizientes Erlebnis – und verringern die Absprungrate.
Däumchen drehen – aber wie lange?
Wer hat an der Uhr gedreht? Bei Wartezeiten von mehreren Wochen bis hin zu Monaten ist es tatsächlich schon viel zu spät. Von zukünftigen Arbeitnehmer*innen wird Kommunikationsstärke, Selbstinitiative und Einsatzbereitschaft gefordert, während seitens der HR-Abteilungen leider allzu häufig nur auf mehrfache Nachfrage eine Rückmeldung erfolgt. Im seltensten Fall ist diese aussagekräftiger als eine allgemein formulierte Floskel, die an alle Bewerbenden herausgeschickt wird. Gerade bei Kandidat*innen in der engeren Auswahl empfiehlt sich das Aufrechterhalten eines regelmäßigen Austauschs, denn weder Sie noch Ihre Bewerbenden möchten geghostet werden. Die ideale Dauer des Bewerbungsprozesses liegt für Jobsuchende bei maximal 21 Tagen. Nicht jedes Unternehmen kann dies realistisch umsetzen, gerade wenn es um die Suche nach hochspezialisierten Fachkräften geht. Doch Ärgernisse aufseiten der Bewerbenden können Sie entgegenwirken, indem Sie Prozessschritte offen kommunizieren und Abläufe skizzieren, sodass die Bewerbenden wissen, woran sie sind und wann sie mit einer Antwort rechnen können. Wenn es dann einmal ein, zwei Tage länger dauert, wird Ihnen das sehr wahrscheinlich weniger übelgenommen.
Benefits, die’s raushauen
Während drei Wochen der Non-Kommunikation können Bewerbende durchaus eine passendere Anstellung gefunden haben. Diesem Effekt können Sie mit starken Benefits und Zusatzleistungen entgegenwirken – und sich so als Arbeitgeber*in attraktiv und die Wartezeit lohnenswert machen. Während kostenlose Getränke und Obst von Bewerbenden oft belächelt werden, können handfeste Benefits wie vermögenswirksame Leistungen, Jobticket, JobRad-Leasing oder Boni zum Strahlen bringen.

Klar, am Ende des Tages sollte der Job immer noch der größte Benefit und die Stellenanzeige eine Möglichkeit zur Reflexion sein: Überschütten Sie Bewerbende mit Allgemeinplätzen statt echter Benefits, weil der Job wenig attraktiv ist? Oder möchten Sie damit ein vages Anforderungsprofil und eine unpräzise Aufgabenbeschreibung ausgleichen? In beiden Fällen spiegeln Sie eine fragwürdige Unternehmenskultur und verkünden kaum wahres Interesse am Wohlbefinden Ihrer Mitarbeitenden. Ja, Benefits sind wichtig und tragen zu der Entscheidung von Bewerbenden bei, sich bei Ihnen zu bewerben. Sie sind jedoch viel wirkungsvoller, wenn sie auf das Profil des idealen Bewerbenden passen. Eines der stärksten Benefits sind flexible Arbeitszeiten, die neben einem starken Gehalt hoch im Kurs stehen. Dennoch gilt auch hier Vorsicht: Oft steckt hinter der Zusatzleistung eine leere Floskel. Dürfen Ihre zukünftigen Arbeitnehmenden tatsächlich frei wählen, wann und wo sie arbeiten? Oder handelt es sich um eine scheinbare Flexibilität mit Kernarbeitszeiten von 9 bis 17 Uhr?
Kurz: Wie bei so vielem gilt auch bei den Benefits Authentizität als oberste Prämisse.
Niedrige Hürden: Unkomplizierte Bewerbungen als Lösung?
Wie sähe ein Bewerbungsprozess aus, der so einfach wie Online-Shopping ist? Handelt es sich überhaupt um machbare Realität oder doch um reines Wunschdenken? Viele Unternehmen weisen noch in der Stellenanzeige darauf hin, dass eine Bewerbung besonders schnell vonstatten geht, wenn Bewerbende Lebenslauf, Anschreiben und Zeugnisse schon parat haben. Manche Unternehmen fordern inzwischen sogar nur noch den Lebenslauf, um die Hürde für eine Bewerbung niedriger zu setzen. Natürlich verkürzt eine solide Vorbereitung seitens der Bewerbenden den Prozess, doch wenn dieser nicht von Anfang an transparent ist und eine zuvor nicht kommunizierte Registrierung von Interessenten fordert, kann ein Bewerbungsabbruch folgen.
Schauen Sie sich Strategien aus dem Bereich E-Commerce an: Viele Einkaufsplattformen machen eine Bestellung als Gast möglich – ohne zusätzliche Registrierung und Bestätigung des Accounts. Zeitsparend und effektiv. Diese Alternative verringert Absprungraten und bietet den Bewerbenden die Möglichkeit einer Instant-Bewerbung.
Auch die Möglichkeit, sich per Mail statt über ein Bewerbermanagementsystem zu bewerben, verringert die Hürden für Bewerbende ungemein. Zeigen Sie also zumindest ab und an Mut zur Lücke, fordern Sie für die initiale Kontaktaufnahme weniger Unterlagen und halten Sie es etwas einfacher.
Nach der Zusage ist vor der Zusage
Selbst wenn Sie Ihren Bewerbenden eine Stelle verbindlich zusagen, ist der Berg noch nicht erklommen. Vor allem zwischen Vorstellungsgespräch und Vertragsabschluss sind oft Verluste zu verzeichnen. Mit Zeitfressern wie Gehaltsabrechnungen, Dokumentation und der Organisation sowie Koordination von Bewerbungsprozessen ist es kein Wunder, dass über 60 Prozent der HR-Manager*innen ausgelastet sind. Werden Bewerbende zwischen verschiedenen Ansprechpersonen hin- und hergereicht, verläuft sich der ein oder andere Kontakt auch mal im Sand. Kein*e Arbeitnehmer*in möchte zwischen Zusage, Vertragsabschluss und Onboarding zu spüren bekommen, dass das zukünftige Unternehmen alles andere als verlässlich und beständig ist. Je nach Möglichkeit und zu besetzender Stelle kann Ihre Zusage gerne mit direktem Onboarding einhergehen – sodass Sie Ihre Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit unter Beweis stellen.
Sie sehen, es gibt diverse Punkte, an denen es hapern kann, und die Gründe für Absagen sind ähnlich vielfältig. Hier gilt es keinesfalls, alle Punkte abzuhaken und zu erfüllen. Kein Unternehmen muss perfekt sein, jedoch ist die Toleranz für Fehler kleiner und der Anspruch von Arbeitnehmenden höher geworden. Wenn Sie ein paar Tipps beachten, haben Sie somit einen deutlichen Vorsprung um Wettbewerb um geeignete Talente – in Zeiten des Fachkräftemangels eine Stellschraube, an der zu drehen sich lohnt.
Wenn unser Artikel bei Ihnen Anklang findet und Sie Interesse daran haben, den Bewerbungsprozess Ihres Unternehmens zu optimieren, um Bewerbende in Mitarbeitende zu verwandeln – sprechen Sie mit uns. Gerne beraten wir Sie umfassend und finden Wege und Möglichkeiten.